Baden Balladen
Wir Kinder aus Baden

Simon Libsig skatet in seiner neusten Kolumne in die Vergangenheit und grindet in die Zukunft.

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Wortakrobat Simon Libsig.

Wortakrobat Simon Libsig.

« Bus!!» Irgendeiner von uns passte immer auf. Nie ist etwas passiert. Der Warnruf kam immer rechtzeitig.

«Bus!!» So ging das ganze Mittwochnachmittage lang. Alle paar Minuten unterbrachen wir unser Üben, unseren Ehrgeiz, unseren Spass, rollten und sprangen mit den Skateboards zur Seite und machten dem Postauto Platz.

Natürlich hassten sie uns. Das glaubten wir jedenfalls. Und wollten es auch glauben, denn es verlieh unserem geliebten Hobby eine rebellische Note, machte es zu einem Statement und somit noch wichtiger.

Skateboarding is not a crime!» war unser Motto, und manchmal hinterliessen wir es auf Verbotsschildern, an Laternenpfählen oder an Fahrplantafeln, aufgedruckt auf Stickers.

Klar blätterte die gelbe Farbe von den PTT-Trottoirs, wenn wir ihnen auf unseren Skateboard-Achsen entlang «grindeten», klar hallte es bis in den Metroshop, wenn wir unsere «Ollies», «Kickflips» oder «Frontside 180s» übten.

Aber wir mussten skaten! Es war damals unser Leben. Und deshalb liessen wir uns auch nicht vertreiben. Wir kamen immer wieder zurück. Die PTT-Busstation war für uns einer der wichtigsten Orte in dieser Stadt. Genauso wie der Bahnhofbrunnen, die Treppenstufen bei der Kantonspolizei, bei der Pfaffenkappe, der Bezirksschule sowie der grosse Platz beim Brunnen der Kantonsschule.

Jugendliche sind wie Katzen. Sie suchen sich ihre Lieblingsplätze selber. Und es funktioniert in der Regel nicht, wenn sie von Erwachsenen einen Ort zugewiesen kriegen, voilà, hier dürft ihr spielen, hier dürft ihr Konzerte machen, hier darf Kultur entstehen, hier stört ihr uns nicht.

Erwachsene sind da eher wie Hunde. Entweder sie ziehen den Schwanz ein und akzeptieren den ihnen zugewiesenen Platz, oder sie machen einen auf Topdog, knurren, bellen, beissen, schlagen andere in die Flucht, voilà, hier will ich spielen, hier will ich meine Filiale, meine Wohnungen, meine Büros, mein Hotel, meine Parkplätze. Auch wenn wir beinahe wie eine Motorradgang klangen, und wohl eher wie «Hell» als wie «Angels» aussahen, wenn wir auf unseren Skateboards anrollten, Baden hatte nichts von uns zu befürchten. Wir brauchten einfach Platz, um zu wachsen und gedeihen. Heute sind wir verantwortlich für den «Züritipp», produzieren Werbespots für die SBB, beraten Microsoft in rechtlichen Belangen, sind Schulsozialarbeiter oder restaurieren kunstvoll antike Möbel.

«Bus!!» Ich hoffe, dieser Warnruf kommt rechtzeitig. Auch die heutigen Kinder Badens brauchen Platz. Egal ob sie skaten oder ganz was anderes tun. Und diesen Platz dürfen wir ihnen nicht zuweisen. Den müssen sie sich selber aussuchen können.