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Die Badener Kulturszene, das Kafi Royal und die Kirche Klingnau trauern um Flüchtling Zabih Mohseni (†20). Ein Nachruf.
Es gibt Menschen, die treten völlig unerwartet in unser Leben ein, geben uns während einer kurzen Zeit sehr viel und verlassen uns dann wieder genauso unverhofft, wie sie gekommen sind.
Zabih Mohseni ist noch ein Kind, als sein Vater in Afghanistan brutal ermordet wird. Unter dem Regime der Taliban wächst er in steter Todesangst auf. Als Jugendlicher flüchtet er in den Iran und kommt später, vor ziemlich genau drei Jahren, in die Schweiz. Sein Integrationswille ist riesig: Er lernt schnell Deutsch dank ehrenamtlich geführten Angeboten für Flüchtlinge wie dem Badener Kafi Royal, aber vor allem durch die vielen Kontakte mit Mitmenschen, die er aktiv sucht.
Und er scheint überall mitmachen zu wollen, wo er nur kann. Zuerst arbeitet er als Freiwilliger bei der Lebensmittelabgabe Unteres Aaretal. In seinem Wohnort Klingnau baut er zur reformierten Kirchgemeinde und zu Pfarrer Volker Houba ein nahes Verhältnis auf, hilft mit bei der Nacht der Kirchen. Mit dem Fahrrad pendelt er oft nach Baden, wo er im Kafi Royal eine zweite Familie findet und schon bald Verantwortung an der Bar und beim Zubereiten des Abendessens übernimmt.
Beim Aufbau der Nour-Beiz an der Badenfahrt ist er jeden Tag da und schweisst Dinge für die lauschige Bar an der Limmat zusammen. Wer sich noch erinnern mag: Die Tische mit den farbigen Mosaiken wurden von ihm mitgestaltet. Am Fest selber ist er oft der Chef, der die Dinge hinter der Bar im Griff hat. Dabei ist Mohseni ein eher schüchterner Mensch, der sich nicht vordrängt, sondern im Hintergrund vieles leistet. An der Badenfahrt war die Abwaschecke der Beiz sein Revier.
Mit seiner unbekümmerten Art, auf Menschen zuzugehen, macht er schnell viele Freunde. Durch seine kleine Statur und sein verschmitztes Lächeln fällt er auf und es macht neugierig, ihn kennen zu lernen. An der Abschiedsfeier von Geri Müller Ende 2017 steht Zabih Mohseni hinter der Bar. Am Ende des Abends bekommt er den Fussball geschenkt, denn der scheidende Stadtammann zum Abschied erhalten hat. Diesen trägt er künftig immer wieder bei sich, nimmt ihn jeden Montag zum Fussball-Spielen auf der Allmend mit.
Am Fantoche-Turnier schiesst er das entscheidende Tor. Auch bei Brettspielen wie Brändi Dog ist er verbissen und will stets gewinnen, für die Brändi-Dog-Turniere im Odeon in Brugg stellt er ein Team zusammen. Er will möglichst immer aktiv sein, hilft auch bei Kulturanlässen wie dem Musikfestival One Of a Million mit. Die metallene Weltkugel, die er für die Badenfahrt zusammengeschweisst hatte, hing als Dekoration am Festival des Arcs, das letztes Wochenende in Ehrendingen gefeiert wurde. Dort hätte er auch einen Einsatz als Helfer gehabt. Doch es kam anders.
Am Dienstag vor dem Festival hörte sein Herz auf zu schlagen, für immer. Sein plötzlicher Tod wühlt viele Menschen in und um Baden auf. Zabih Mohseni hatte mit psychischen Traumata zu kämpfen, schon lange. Anmerken liess er sich dies aber nicht. So lässt sein plötzliches Dahinscheiden viele Menschen vom Kafi Royal oder der Badener Kulturszene völlig perplex. Da kommt einer, der richtig Lust hat, sich zu integrieren und etwas beizutragen, und findet ein unverhofftes, tragisches Ende. Nur die wenigsten können nachvollziehen, was er in seinem Leben durchgemacht hat. Drei Jahre lang lebte er unter uns, war sehr engagiert und wurde von vielen Menschen hier gemocht. Übrig bleibt nun eine tiefe Dankbarkeit für alles, was er für die Region getan hat. «Die Guten sterben jung», wird gesagt. Zabih Mohseni wurde nur Anfang 20. Er hinterlässt seine Mutter, vier Geschwister und bleibende Erinnerungen in unseren Kreisen.
Für die Rückführung seines Körpers nach Afghanistan zu seiner Mutter sammelt der Verein Kafi Royal Geld. Spendenwillige können Kontakt aufnehmen unter info@kafiroyal.ch oder Beträge gleich auf das Konto CH76 0839 0034 5961 1000 0 überweisen mit dem Vermerk «Zabih».