Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt und will erreichen, dass ein Zivildienstverweigerer seine Resttage doch noch leisten muss.
Der 33-jährige Zivildienstverweigerer Simon Rothfahl wurde diesen Mai vom Bezirksgericht Baden zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt (az vom 13. Mai). Gleichzeitig schloss ihn der Richter von der Zivildienstpflicht aus. Damit hatte Rothfahl sein erklärtes Ziel erreicht, die verbleibenden 75 Tage seines Zivildienstes nicht mehr leisten zu müssen.
Der Zürcher, der im November 2014 vier Monate Dienst im Kloster Fahr verweigert hatte, fühlt sich vom System diskriminiert. Er arbeitet Teilzeit und teilt sich mit seiner Lebenspartnerin die Betreuung der Kinder.
Den Zivildienst aber muss er Vollzeit leisten, wobei er aber nur 80 Prozent seines 50-Prozent-Lohnes erhält, was für ihn und seine Familie finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten bedeuteten. «Der Zivildienst lässt sich nicht mit meiner Aufgabe als Familienvater vereinbaren», argumentierte er vor Gericht.
Die Schweizerische Praxis verstosse gegen die Menschenrechte und verunmögliche ein gleichberechtigtes Familienleben.
Nun ist es im Prozess gegen den Zivildienstverweigerer zu einer unerwarteten Wende gekommen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Baden eingelegt.
Sie hält an ihrer Forderung fest, dass Rothfahl den restlichen Zivildienst absolvieren muss. Weiter soll die bedingte Haftstrafe durch eine bedingte Geldstrafe kombiniert mit einer Busse von über 1300 Franken ersetzt werden. Somit kommt es zu einem weiteren Prozess, diesmal vor dem Aargauer Obergericht.
Rothfahl reagiert mit Unverständnis auf die Berufung: «Der Richter und ich hatten unsere Differenzen, einig waren wir uns aber darüber, dass die hiesigen Gerichte ihre Ressourcen für wichtigere Fälle einsetzen sollten», sagt er gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Rotfahl findet, dass es möglich sein sollte, dass Zivildienstleistende nach 80 Prozent ihrer geleisteten Tage straffrei entlassen werden, wie dies auch beim Militärdienst möglich sein.
Er hat bereits im Mai seine Bereitschaft angekündigt, sein Anliegen wenn nötig bis an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg weiterzuziehen. (PKR)