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Birmenstorf ist zum letzten Mal das Paradies für alle Armee-Fans. Am «Convoy to Remember» herrschte «Infanteriewetter».
Sie scheint nicht zu wollen, die Condor A580. Trotz wiederholtem, energischem Tritt auf den Kickstarter springt das Motorrad der Schweizer Armee aus den fünfziger Jahren nicht an. Dabei steht die Maschine weit vorne in der Fahrzeugschlange, die in wenigen Minuten zur Convoy-Parade starten wird. Auch der Jeep hinter den Motorrädern hat Startprobleme. Da hilft nur Anschieben. Dann geht es los. Fahrzeug folgt auf Fahrzeug. Leider müssen die schwersten «Kaliber» zurück bleiben. Der Boden ist zu stark aufgeweicht. Der Schaden würde zu gross. Trotzdem gibt die Parade einen Einblick in die Entwicklung von Militärfahrzeugen.
Wie es sich für den «Convoy to Remember» gehört – der an die Landung der Alliierten vor 75 Jahren erinnern soll – dominieren US-Fahrzeuge. Zudem standen die unverwüstlichen Jeeps, Dodge WCs, Dodge CCs und GMC-Dreiachser lange auch im Dienst der Schweizer Armee. Es gibt aber auch Exoten zu bestaunen. So etwa die schnuckeligen Kübelwagen-Trabis der Nationalen Volksarmee der einstigen DDR. Und die Fremdenlegion fährt erstaunlicherweise auch Mowag – am Convoy jedenfalls.
Während sich die Convoy-Parade auf den Weg begibt, zeigt die Schweizer Armee – die erstmals mit 120 Mann und einem Querschnitt durch die aktuelle Panzerflotte am Convoy dabei ist – eine eindrückliche Demonstration.
Bei den Reenactor-Gruppen geht es derweil ruhig zu und her. Der Regen prasselt nieder. Es herrscht, was einst als «Infanteriewetter» bezeichnet wurde. Unterschlupf – vor dem Regen natürlich – bietet die Fremdenlegion: «Legio – Patria nostra.» (Unterschlupf soll sie auch sonst oft geboten haben.) Colonel Andreas Joost und Légionnaire Renzo Kaiser, mit dem berühmten Képi blanc, halten die Stellung. «Wir sind keine Kriegsgurgeln», betont der Colonel auf die Frage, was um Himmels Willen denn einen braven Buchhalter veranlasst, in seiner Freizeit als Fremdenlegionär aufzutreten. «Wir wollen zeigen, was die Fremdenlegion war.»
Ein paar Schritte weiter hat Kurt Zoller sein Feld-Operationszelt aufgebaut – samt (unechtem) Patienten mit hässlichem Bauchschuss. Zoller gehört zur «Truppe» der Militärgeschichtlichen Sammlung Stetten am Kalten Markt in Baden-Württemberg. «Mich interessiert der medizinische Aspekt», erklärt er. «Ich war selber Rettungssanitäter und bei der Bundeswehr in der Sanität eingeteilt.»
Schlaff hängt die Fahne mit Hammer und Zirkel am Mast. Mit 24 Fahrzeugen ist eine grosse Gruppe aus Sachsen nach Birmenstorf gekommen. Ihr Camp bildet ein Feldlager der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und einer sowjetrussischen Gruppe ab. «Bei uns stehen aber grundsätzlich die Fahrzeuge und die Technik im Vordergrund», erklärt Tino Gfass, der mit einem Ural-Dreiachser aus Sowjet-Produktion angereist ist. «Bloss Fahrzeuge präsentieren schien uns aber etwas langweilig. Daher versuchen wir, ein wenig auch die NVA zu zeigen. Das hat aber mit Militarismus nichts zu tun. Es ist auch keineswegs so, dass wir die alten Zeiten zurückwünschen würden.»
Die Technik steht auch für Jürg Näf von den Schweizer Armeefreunden im Zentrum. Im Schutz des Vordachs eines GMC-Werkstatt-Dreiachsers schraubt er am Hauptbremszylinder eines Saurer M8 Vierachsers. «Spass an der Technik ist einer der Hauptgründe, dass ich mitmache», sagt er.
Einen andern Zugang haben die Reenactors der 6th Battallion der Durham Light Infantry. Sie haben einen Verwundeten-Sammelplatz aus der Luftlandeschlacht bei Arnhem 1944 nachgebaut. Samt Figuranten mit fürchterlichen Moulagen, «blutigem» Verbandszeug am Boden und eindrücklicher Geräuschkulisse.
Auch das ist, so Adrian Gerwer, Gründervater und Convoy-Präsident: «Militärgeschichte und damit Teil unserer Kultur.»