Pro und Kontra
Zur Erhöhung des Steuerfusses in der Stadt Baden: So argumentieren CVP und GLP

Der Badener Einwohnerrat hat Ende Oktober das städtische Budget 2019 mit einem Steuerfuss von 97 Prozent genehmigt. Am 25. November müssen die Badener Stimmberechtigten nun über diese Erhöhung des Steuerfusses um fünf Prozentpunkte abstimmen.

Drucken
Sarah Wiederkehr (links), Fraktionspräsidentin CVP, erklärt, warum ein Ja nötig ist. Fiona Hostettler, Einwohnerrätin GLP, will keine Steuererhöhung auf Vorrat.

Sarah Wiederkehr (links), Fraktionspräsidentin CVP, erklärt, warum ein Ja nötig ist. Fiona Hostettler, Einwohnerrätin GLP, will keine Steuererhöhung auf Vorrat.

André Urech/zvg

Der Stadtrat empfiehlt ein Ja, mit dem Argument, nur so könne die Stadt eine gesunde, nachhaltige Finanzpolitik betreiben. Die Stadt wird in den kommenden Jahren rund 250 Millionen Franken investieren, gut die Hälfte davon in die Schulhäuser.

Auch SP, Grüne, Team Baden, EVP, CVP und SVP sagen Ja zur Steuerfusserhöhung. Die FDP und die Grünliberalen wehren sich gegen die Erhöhung und empfehlen ein Nein. Sie wollen keine «Steuern auf Vorrat» und zudem die Auswirkung der Steuerreform abwarten, bevor die Steuern in der Stadt steigen.

Sarah Wiederkehr Fraktionspräsidentin CVP

Sarah Wiederkehr Fraktionspräsidentin CVP

André Urech Fotografie;zvg;

Pro: «Es ist an der Zeit, die Einnahmenseite anzugehen»

Für eine Steuerfusserhöhung zu werben ist keine Traumaufgabe. In Baden ist dies jedoch notwendig, und zwar jetzt. Die Gegner behaupten, die Steuerfusserhöhung sei «auf Vorrat». Ein schwaches Argument, wenn man sich die anstehenden Investitionen von über 250 Millionen Franken in den nächsten zehn Jahren anschaut, fast 70 Millionen davon bereits im Jahr 2019. Ein wesentlicher Teil dieser Investitionen wurde von der Badener Bevölkerung mit deutlicher Mehrheit an der Urne gutgeheissen. Mehr als die Hälfte davon betreffen Schulbauten, 18,5 Millionen Franken weitere kulturelle Institutionen. Zusätzlich werden zum Beispiel noch 8 Millionen Franken in unser neues Bäderquartier fliessen.

Die Finanzierung dieser sehr intensiven Investitionstätigkeit muss zu einem erheblichen Teil mit Fremdkapital erfolgen. Das tut im Moment nicht weh, weil Kapital gegenwärtig noch zu einem sehr tiefen Zinssatz aufgenommen werden kann. Das kann aber ändern, und auf jeden Fall möchte ich nicht auf Kosten der Folgegenerationen leben und ihnen einen hohen Schuldenberg hinterlassen. Es gibt vereinfacht gesagt drei Stellschrauben, um den Finanzhaushalt im Gleichgewicht zu halten: Die laufenden jährlichen Ausgaben, die Investitionen und die Einnahmeseite. Nach mehreren verwaltungsinternen Sparrunden hat eine aus allen Parteien zusammengesetzte Budgetkommission im vergangenen Jahr Massnahmen gefunden, die zu einer weiteren Reduktion des Nettoaufwands von 1,5 Millionen Franken im Budget 2019 geführt haben. In den nächsten Jahren sind zusätzliche Ausgabereduktionen geplant. Auch bei den Investitionen wurde abgespeckt: Die oben erwähnten 250 Millionen Franken kamen nur durch Streichung einer langen Reihe von eigentlich sehr wünschbaren Vorhaben zustande.

Nun ist es an der Zeit, die Einnahmeseite anzugehen. Bei den Gebühren (und Bussen!) ist die Zitrone ausgepresst. Vor zehn Jahren konnte der Steuerfuss um 5 Prozentpunkte reduziert werden, weil anstehende Investitionen aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden konnten. Auch wenn die Senkung des Steuerfusses rückgängig gemacht wird, muss nach wie vor sehr haushälterisch mit den verfügbaren Ressourcen umgegangen werden. Eine Erhöhung der Gemeindesteuer um 5 Prozentpunkte bedeutet für den Einzelnen in den meisten Fällen einen Anstieg der gesamten Steuerbelastung in der Grössenordnung von zwei Prozent. Das ist nicht besonders erfreulich. Damit wird aber Handlungsfreiraum für künftige Generationen geschaffen, was sich mit meiner Vorstellung von Nachhaltigkeit deckt. Deshalb stimme ich aus Überzeugung Ja.

Fiona Hostettler Einwohnerrätin GLP

Fiona Hostettler Einwohnerrätin GLP

zvg

Kontra: «Die Stadt Baden fährt keinen strengen Sparkurs»

Steuererhöhungen sind im Aargau in den letzten Jahren im Trend. In Baden ist der Zeitpunkt dafür aber schlecht gewählt – im besten Fall kaufen wir «die Katze im Sack», im schlimmsten Fall ist es eine Steuererhöhung auf Vorrat. Auch ohne Steuererhöhung rechnet die Stadt 2019 mit einem Überschuss von rund 3,5 Millionen Franken. Der Stadtrat gibt im Vorwort zum Budget 2019 selbst zu, dass die Erhöhung noch gar nicht notwendig wäre. Nun wird nächstes Jahr die kantonale Umsetzung der Unternehmenssteuerreform (Steuervorlage 17) diskutiert. Nachdem der Nationalrat zuletzt eine Entlastungsklausel für die Gemeinden und Städte eingebaut hat, hat der Regierungsrat bereits beschlossen, dass er die Ausfälle angemessen kompensieren will.

Die Steuerfusserhöhung um 5 Prozentpunkte hat der Stadtrat aber schon früher geplant. Er rechnet also mit veralteten und zu pessimistischen Prognosen für die nächsten Jahre. Klüger wäre es in dieser Situation – und gegenüber dem Geld der Badener Bevölkerung respektvoller –, mindestens dieses eine Jahr abzuwarten, um einen besser informierten Entscheid treffen zu können. Kommt hinzu, dass schon für 2018 reichlich pessimistisch kalkuliert wurde, und über 4 Millionen Franken mehr Unternehmenssteuern eingenommen werden als budgetiert. Es wäre ärgerlich, wenn sich in einem Jahr herausstellen würde, dass die Erhöhung in dieser Form nicht zwingend gewesen wäre. Sie dann rückgängig zu machen, wäre ein Ding der Unmöglichkeit, zumal manche Einwohnerräte bereits jubeln, nun sei endlich Schluss mit Sparen.

Dabei hat die Stadt Baden eine um 50 Prozent höhere Pro-Kopf-Steuerkraft als Wettingen, und auch Aarau liegt bei diesem Wert rund zehn Prozent tiefer als Baden. Trotzdem will der Stadtrat einen Steuerfuss, der gleich hoch oder höher wäre als in den beiden Aargauer Vergleichsgemeinden. Das zeigt, dass die Stadt Baden keinesfalls einen strengen Sparkurs fährt. Vielfach wird auch die hohe Verschuldung als Grund für die Steuererhöhung angeführt. Ein Vorschlag der GLP, den budgetierten Einnahmenüberschuss von 2019 und weitere Überschüsse in Zukunft fix zur Schuldentilgung zu verwenden, wurde vom Stadtrat mit Verweis auf das Gemeindegesetz als nicht durchsetzbar bezeichnet.

Abgesehen davon, dass andere Gemeinden (beispielsweise Waltenschwil gemäss AZ vom 1. 11.) durchaus solche Wege gehen, gibt dies zu denken. Wenn Überschüsse nicht konkret zur Verbesserung der Verschuldungssituation eingesetzt werden dürfen, ist die Nachhaltigkeit der Steuererhöhung fraglich. Ein weiterer Grund für ein klares Nein zu dieser Steuererhöhung auf Vorrat.