«Ich habe es absolut nie bereut», sagt der 61-Jährige. Seit 1982 ist er als Beamter in verschiedenen Ortschaften tätig, die heute die Fusionsgemeinde Zurzach bilden.
Wenn er vom Bürostuhl aufsteht, erinnert einen das an einen Sprinter beim Start aus dem Block: Martin Süss ist wahrlich kein Sesselkleber und trotzdem seit 40 Jahren lückenlos als Beamter in verschiedenen Ortschaften tätig, die heute die Fusionsgemeinde Zurzach bilden.
In Wettingen aufgewachsen, hatte er auf der Gemeindekanzlei Würenlos eine kaufmännische Lehre absolviert. «Nach einem Abstecher als Buchhalter in die Filiale Wettingen der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft, wurde ich am 1. März 1982 zum Gemeindeschreiber von Baldingen und Böbikon gewählt – also mit knapp 22 Jahren.»
Diesen Monat hat Süss seinen 61. Geburtstag gefeiert – und wenn das geflügelte Wort «in alter Frische» ohne Übertreibung zutrifft, dann für ihn. Darüber, dass er nur an den Schläfen ein paar graue Härchen hat, wundert er sich schmunzelnd selber: «Mein Vater ist mit 50 schon schlohweiss gewesen.»
Als 22-jähriger Gemeindeschreiber hatte er im Schulhaus Baldingen und Böbikon ein bescheidenes Zimmer bezogen und einen Ein-Mann-Fulltime-Job angetreten: «Regelmässig wurde das Büro – mit einem schönen Blumenstrauss – zum Trauzimmer aufgemöbelt, hatte ich doch nebst Steuern und Finanzen auch das Zivilstandsamt unter mir. Das Bukett durften die Frischvermählten selbstverständlich mitnehmen.»
Sichtlich stolz fügt Süss an, dass er in den 15 Jahren als Gemeindeschreiber bestimmt 50 Paare getraut habe, «davon sind heute höchstens drei oder vier Paare nicht mehr zusammen».
Süss selber hatte seine Marianne – eine Bauerntochter aus Oberbözberg – 1984 in Würenlos geheiratet. «Ein Jahr lang hatten wir zuvor in Böbikon zur Miete im Konkubinat gelebt», verrät er augenzwinkernd. 1986 hatte das Paar in Baldingen ein eigenes Haus gebaut, im selben Jahr hatte sich Tochter Claudia dazugesellt. 1989 waren Fabienne sowie 1991 Remo gefolgt, und vor zwei Jahren haben Claudia und ihr Mann mit Sarina den 61-Jährigen zum Opa gemacht.
Einen äusserst sportlichen Opa: Skifahren. Langlauf, Rennvelo, Bike, OL sind seit eh und je nicht nur seine Leidenschaften, sondern auch die von Marianne und allen drei Kindern. «Meine Frau ist Erwachsenensportleiterin und Expertin bei Pro Senectute», bemerkt Süss stolz. Mit leisem Seufzer fügt er an, dass er das Joggen wegen Knie-Problemen leider habe aufgeben müssen.
Blenden wir zurück zu einem der weitherum jüngsten Gemeindeschreiber: Ende der 80-er Jahre war seine Gemeindekanzlei mit einer Arbeitskraft im 30-Prozent-Pensum aufgestockt worden. «1993 konnten wir im neuen Mehrzweckgebäude in Böbikon ein wunderbares neues Büro beziehen.»
Vier Jahre später haben die Räte der Gemeinden Baldingen, Böbikon, Mellikon, Rümikon und Wislikofen einen Testlauf für die Verwaltung 2000 in Angriff genommen. Als das Projekt dann zur Jahrtausendwende realisiert werden konnte und sich 2009 Rekingen und 2010 Kaiserstuhl anschlossen, zog nicht von ungefähr Martin Süss als Leiter Finanzen und Steuern in die Räumlichkeiten im inzwischen leerstehenden und sanierten Schulhaus Böbikon ein.
«ich bin ein absoluter Zahlenmensch. Schon in der Schule waren Rechnen und später Mathematik meine absoluten Lieblingsfächer gewesen. In den Jahren 1997 und 1998 habe ich denn auch den Lehrgang für Führungspersonal der Gemeinden, Fachrichtung Finanzverwalter besucht und sehr erfolgreich mit dem Fachausweis abgeschlossen». Als die Stelle des Leiters Finanzen bei der Verwaltung 2000 besetzt werden musste, war er sehr interessiert an der Aufgabe. «Und ich habe es absolut nie bereut.»
In den Anfängen der Verwaltung 2000 hatten ihm Mitarbeiter mit insgesamt 150 Stellenprozent zur Seite gestanden. Wie in vielen Belangen brachte die Fusion unter anderem personelle Neuorientierungen mit sich. So sind zurzeit in der Abteilung Steuern Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Arbeitspensen von insgesamt 480 Prozent sowie im Ressort Finanzen deren 520 Prozent tätig.
Süss, nunmehr Leiter Finanzen und Mitglied der Geschäftsleitung, ist zufrieden: «Wer weitermachen wollte und sich beworben hatte, konnte angestellt werden. Es wurde niemand entlassen, doch wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich aus freien Stücken neu orientiert.»
Einige von ihnen helfen gegenwärtig temporär aus: «Nachdem unsere alte Software im Vergleich zu den heutigen modernen Programmen fast schon Steinzeit-Charakter hatte, wurde eine neue evaluiert, die das Team noch ganz schön zum Strampeln bringt.»
Apropos Steinzeit: Lachend erinnert sich Martin Süss an die Vor-Computer-Zeiten: «Wir arbeiteten mit einer Triumph-Adler-Schreibmaschine mit Buchungsaufsatz. Die Kontoblätter waren seitlich rechts und links gelocht, mussten einzeln eingezogen und mit einem Hebeln in Position gebracht werden. Okay – es war noch die Zeit der einfachen Buchhaltung, aber mühsam war es trotzdem. Immerhin hatten wir für die Korrespondenz eine IBM-Kugelkopf-Maschine.»
Er frage sich heute ab und zu, wie er das damals bewältigt habe, «auch wenn vor 40 Jahren auf einer Gemeindekanzlei objektiv weniger lief als heute».