Kommt es zum Finale «Obrist gegen Delvecchio» oder zur «stillen Wahl»? Blick zurück auf frühere Wahlen, als die Entscheidung diverse Male im zweiten Wahlgang fiel.
Der Vorsprung von über 500 Stimmen von Erich Obrist (parteilos) auf Mario Delvecchio (FDP) nach dem ersten Wahlgang lässt den Spekulationen freien Lauf. Kommt es nach dem Verzicht von Jürg Caflisch (SP) überhaupt zu einem zweiten Wahlgang oder verzichtet auch Delvecchio?
Peter Conrad (CVP), der mit seinem Leserbrief für Erich Obrist einiges in Gang gesetzt hat, kandidierte im September 1985 als wilder Kandidat bei den Gesamterneuerungswahlen gegen den offiziellen CVP-Kandidaten André Roth. Im ersten Wahlgang kam Conrad knapp vor Roth zu liegen. Die CVP stellte sich an einer Parteiversammlung erneut hinter Roth. Mit 56 Stimmen Vorsprung obsiegte Conrad auch im zweiten Wahlgang; die Stimmbeteiligung betrug nur 25,86 Prozent.
Eine wilde Kandidatur widerfuhr 1989 der FDP bei den Gesamterneuerungswahlen. Neben ihren offiziellen Kandidaten Jan Kocher und Luzi Stamm (damals FDP) schickte ein überparteiliches Komitee den freisinnigen Max Widmer ins Rennen. Widmer verpasste die Wahl. Es kandidierten damals noch Peter Kiefer (parteilos), Dragan Najman (Nationale Aktion) und Markus Widmer (für «7 Fäuste für ein Halleluja», heute SP-Einwohnerrat).
Bei den Gesamterneuerungswahlen 1993 gab es wieder einen zweiten Wahlgang. Nach einem Aderlass im Stadtrat galt es vier Neue zu wählen. Von den im ersten Wahlgang nicht gewählten Kandidierenden schafften es in der zweiten Runde Ruth Blum (FDP, zweite Frau neben der bisherigen Pia Brizzi), Martin Langenbach (EVP) und Hans-Ulrich Gersbach (SP), während Ueli Kohler als aussichtsreicher Kampfkandidat der SVP die Wahl verpasste. Unter den insgesamt zwölf Kandidierenden figurierten erstmals auch zwei Leute vom Team (Peter Kamm und Sophie Jeuch).
1997 musste Hans-Ulrich Gersbach bei den Gesamterneuerungswahlen erneut in die zweite Runde. Er blieb als einziger Bisheriger unter dem absoluten Mehr. Das führte dazu, dass er in der zweiten Runde plötzlich Konkurrenz erhielt von der SVP-Kandidatin Ursula Huber und vom parteilosen Karl Schilling. Im zweiten Wahlgang brachte die SP mit Gersbach ihren Sitz doch ins Trockene. Im Jahr 2001 machten die Stimmberechtigten alles im ersten Wahlgang klar. Auf der Strecke blieb als Überzähliger Geri Müller, damals auf der Grünen Liste portiert.
Im Jahre 2005 war nur bei den Stadtratswahlen alles klar nach dem ersten Wahlgang, Ueli Kohler (SVP) verfehlte ein weiteres Mal den Einzug in den Stadtrat. Bei der Stadtammannwahl blieb Stephan Attiger (FDP) 50 Stimmen unter dem absoluten Mehr, Daniela Berger (SP) landete knapp 1000 Stimmen zurück auf Platz zwei, während der dritte Ammannkandidat Lukas Voegele (CVP) um weitere 500 Stimmen geschlagen wurde. Wie es vorgestern die SP und Caflisch taten, gaben damals die CVP und Voegele den Verzicht auf einen zweiten Wahlgang bekannt, wenige Tage später zogen die SP und Daniela Berger ihre Ammann-Kandidatur zurück. Geri Müller wurde zum Vizeammann gewählt.
Die Ersatzwahlen für den in den Regierungsrat gewählten Stephan Attiger im Januar 2013 respektive Anfang März 2013 waren dann an Spannung kaum zu überbieten. Bei der Stadtammann-Ersatzwahl lag nach dem ersten Wahlgang Geri Müller (Team) 134 Stimmen vor Roger Huber (FDP) und 220 Stimmen vor Markus Schneider (CVP). Es war der «Deal im Roten Turm», der Schneider zum Rückzieher anhielt. Beim zweiten Wahlgang im März konnte Huber nicht auf alle Schneider-Stimmen zählen, sodass Geri Müller 34 Stimmen mehr zum Wahlsieg reichten.
Nicht minder spannend war die Ausmarchung um den Sitz im Stadtrat. Mit Ruth Müri schickte das Team die ehemalige Einwohnerratspräsidentin gegen Peter Courvoisier (FDP) ins Rennen. Im ersten Wahlgang blieb Müri 16 Stimmen hinter Courvoisier. Im zweiten Wahlgang kehrte sie den Spiess um und erreichte rund 500 Stimmen mehr als Courvoisier.