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Bauer Manfred Streit äussert an der Gemeindeversammlung Sorgen um die Zukunft seines Hofs neben Schloss Wildenstein. Die Versammlung stimmt am Ende aber der neuen Spezialzone für das Schloss zu.
Gemeindeammann Ulrich Salm wünschte sich eine würdige Verhandlung, denn: «Wir entscheiden über die Entwicklung des Schlosses.» Rund zwei Stunden, zwei Auszeiten und zwei geheime Abstimmungen später hatte die Gemeindeversammlung der Schlosszone mit 79 Ja- gegen 24 Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen zugestimmt.
Der Entscheid unterliegt dem fakultativen Referendum. Salm konnte nur 106 der 1005 Stimmberechtigten begrüssen.
2010 hatte Samuel Wehrli das Schloss Wildenstein gekauft und saniert, es soll ein Ort für Kultur, Kunst, Weiterbildung und Geschichte werden. Deshalb präsentierte der Gemeinderat im Juni 2017 den Vorschlag für einen Parkplatz. Das Geschäft wurde zurück gewiesen, mit dem Auftrag, eine Schlosszone zu errichten und einen neuen Parkplatz zu suchen.
Das Ergebnis der rund zweijährigen Planung wurde nun der Gemeindeversammlung vorgelegt. In der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) soll die Spezialzone Schloss geschaffen werden. Ein Parkplatz, vorerst für rund 50 Fahrzeuge, ist südlich des Schlosses geplant. «Die verschiedenen Landeigentümer haben Hand geboten für eine gute Lösung» sagte Salm. Unter anderem konnte von der Armee ein Grundstück übernommen werden, auf dem früher Panzersperren geplant waren.
Impressionen aus dem Schloss Wildenstein:
Neben dem Schloss steht der Bauernhof der Familie Streit. Manfred Streit wehrte sich gegen die Schlosszone. Er befürchtet Einschränkungen für seinen Betrieb. Mehrmals betonte er: «Wir sind nicht gegen das Schloss.» Deshalb kündigte er einen Ergänzungsantrag an, um die von einer Schlosszone ausgehenden Einschränkungen auf seinen Betrieb einzudämmen. So könne er die Gebäude, zum Beispiel für einen Melkroboter, nicht mehr ausbauen. Wenn die Gesetzgebung mehr Raum für die Nutztier fordere, könne dies nicht mehr erfüllt werden: «Wir wollen keine Tierfabrik bauen, aber wir wollen Sicherheit für unsere Zukunft.» Eine Unsicherheit entstand auch, weil nicht ganz klar war, welche Messmethoden angewandt werden. Seine Tochter trug den Ergänzungsantrag vor. «Für uns ist der Betrieb nicht nur Arbeit sondern eine Lebenseinstellung», betonte sie.
Salm bezweifelte, dass der Gemeinderat diesen Zusatzantrag entgegen nehmen könne, die Gemeinde könne nicht via BNO andere Vorschriften ändern. Um sich zu beraten, verkündete er eine Auszeit. Dabei kamen die Gemeinderäte zum Schluss, dass dieser Antrag nicht in die Kompetenz der Gemeinde falle. Darauf ging die Diskussion weiter. Schliesslich wurde aus der Versammlung der Antrag gestellt, den Antrag von Streit anzunehmen und danach zu prüfen, ob er rechtens sei. Der Gemeinderat unterbrach die Versammlung erneut. Er kam zur Erkenntnis, dass der Antrag Streit auch so ein massiver Eingriff wäre. Als Ausweg schlug er einen Rückweisungsantrag vor. «Ich tue mich schwer diesen zu stellen, denn ich bin nicht gegen das Schloss», sagte Streit.
Damit begann ein besonderes Abstimmungsprozedere. Zuerst beschloss die Versammlung geheime Abstimmung für den Rückweisungsantrag. Es wurden Stimmzettel und Kugelschreiber verteilt und eine Urne aufgestellt. Mit 75 zu 12 Stimmen bei fünf Enthaltungen wurde der Rückweisungsantrag abgelehnt. Somit war der Weg frei für die Anpassung der BNO. Wieder beschloss die Versammlung zuerst geheime Abstimmung. Die Schlosszone wurde angenommen, was die Versammlung mit verhaltenem Applaus quittierte.
Diskussionslos und mit grossem Mehr wurden der Rechenschaftsbericht 2018, die Rechnung 2018 sowie die beiden Kreditabrechnungen genehmigt.