Gipf-Oberfrick
Die Letzten ihrer Art: Diese Fricktaler Kirsche landet auf der Roten Liste – und soll nun gerettet werden

Wegen der Kirschessigfliege und der aufwendigen Ernte verschwinden immer mehr alte Hochstammbäume. Besonders bedroht ist eine alte Sorte, die ihren Ursprung in Gipf-Oberfrick hat: die «Frühe Lauber». Die Stiftung Pro Specie Rara will sich nun für den Erhalt und die Verbreitung einsetzen – und ist auf Hilfe von Personen angewiesen, die Platz in ihrem Garten haben.

Dennis Kalt
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So sieht die Kirsche «Frühe Lauber» aus. Das Fleisch ist weich bis mittelfest, saftig, vorwiegend süss, angenehm gewürzt und nicht kräftig.

So sieht die Kirsche «Frühe Lauber» aus. Das Fleisch ist weich bis mittelfest, saftig, vorwiegend süss, angenehm gewürzt und nicht kräftig.

Bild: zvg

Für die prächtige Chriesibluescht ist Gipf-Oberfrick bekannt. Den allermeisten nicht bekannt ist hingegen, dass dort die Kirschsorte Frühe Lauber ihren Ursprung hat, die seit diesem Jahr auf der Roten Liste Obst steht. Geführt wird die Liste von Pro Specie Rara – der schweizerischen Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren.

35 Sorten – etwa von Äpfeln, Pflaumen, Birnen und Kirschen – stehen auf der Roten Liste Obst 2022/23. Die Kriterien, die eine Sorte erfüllen muss, um auf die Rote Liste aufgenommen zu werden, sind klar definiert. «Wir kennen maximal drei Baumstandorte in der Schweiz, es handelt sich um eine alte Sorte. Zudem ist die Sorte auch international selten», nennt diese Florian Bärtschi, Projektleiter Obst von Pro Specie Rara.

Ziel: Pro Jahr 30 Sorten absichern

Alte Kirschensorten von Hochstammbäumen würden allgemein weniger gepflanzt als andere Obstarten – der Grund, warum sich viele Sorten wie die Frühe Lauber rarmachen. Bärtschi sagt:

«Wegen der Kirschessigfliege und der aufwendigen Ernte verschwinden auch immer mehr alte Hochstammbäume.»

Zwar steht die Sorte Frühe Lauber zum ersten Mal auf der Roten Liste. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie erst jetzt selten sei, so Bärtschi. Denn potenziell seien 40 Prozent der 2400 «Pro Specie Rara»-Obstsorten Kandidatinnen für die Rote Liste. Die Sorten auf der Liste, so Bärtschi, würden jedes Jahr neu zusammengestellt. Er sagt:

«Unser Ziel ist es, jedes Jahr rund 30 ausgewählte Sorten besser abzusichern, sodass sie nicht mehr auf der Roten Liste stehen.»

Bei der Absicherung und der Verbreitung der Sorten ist Pro Specie Rara auf die Hilfe von Privatpersonen angewiesen, die in ihrem Garten Platz für einen Baum haben. Auch die Veredelung eines bestehenden Gartenbaumes mit einem sogenannten Edelreis einer Roten-Liste-Sorte ist möglich. Ein Edelreis liegt bei zehn Franken pro Sorte, ein pflanzfertiger Baum zwischen 60 und 120 Franken.

Genetische Vielfalt ist essenziell

Die Vermehrung und Aufschulung der Jungbäume wird von Pro Specie Rara organisiert. «So soll sichergestellt werden, dass die Sorte wieder an mehr als drei Standorten in der Schweiz vorhanden ist und wir die Standorte auch kennen», sagt Bärtschi. Als Standort für die Frühe Lauber bekannt seien derzeit nur zwei kleine Bäume in einem Edelschnittgarten einer Baumschule im Raum Baden.

Wenn wohl auch die Allermeisten nicht bemerken würden, wenn die Frühe-Lauber-Kirsche als Sorte verloren ginge, gelte es einen Verlust, wenn immer möglich, zu vermeiden. Bärtschi sagt:

«Oft hängen soziokulturelle Geschichten mit alten Sorten zusammen oder eine Sorte hat ganz bestimmte Eigenschaften.»

Ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt die genetische Diversität. «Wird diese kleiner, verschwinden damit unsere Möglichkeiten, um neue Züchtungen mit alter Genetik wachsen zu lassen.» Eine genetische Vielfalt sei essenziell für eine nachhaltige und diverse Landwirtschaft, so Bärtschi – «auch für zukünftige Generationen».