Besetzung
Waldprotest beschäftigt die Aargauer Justiz: Mutmassliche Klimaaktivisten wehren sich gegen Wegweisung

Anfang April haben Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten im Wald am Geissberg bei Villigen ein Protestcamp eingerichtet. Die Polizei hat die Besetzung aufgelöst und rund 40 Personen eine Wegweisung erteilt. Zwei von ihnen haben sich juristisch dagegen gewehrt.

Noemi Lea Landolt
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Die Polizei hat noch am selben Tag damit begonnen, das Camp aufzulösen.

Die Polizei hat noch am selben Tag damit begonnen, das Camp aufzulösen.

Manuel Lopez / Keystone (3. April 2022)

Die Besetzung war von kurzer Dauer. Eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten hat am 3. April im Wald am Geissberg bei Villigen ein Protestcamp eingerichtet. Mit der Waldbesetzung wollten sie verhindern, dass der Steinbruch Gabenchopf erweitert wird. Dieser liefert Kalkstein an das Zementwerk Siggenthal, das zum Holcim-Konzern gehört.

Schon kurz nachdem sich die ersten Aktivistinnen und Aktivisten im Wald eingerichtet hatten, erfuhr auch die Polizei vom Protestcamp. Mehrere Patrouillen der Kantons- und Regionalpolizeien wurden aufgeboten. Noch im Laufe des Tages wurde die Besetzung aufgelöst. Laut Mitteilung der Polizei sind rund 40 Personen zur Kontrolle auf einen Stützpunkt der Kapo gebracht worden und haben eine Wegweisung erhalten.

Keine Beweise, dass sie «gesetzwidrige Grundstückbesetzer» sind

Gegen diese Wegweisungsverfügung der Kantonspolizei haben sich zwei Personen juristisch gewehrt. Das geht aus zwei praktisch identischen Urteilen des Verwaltungsgerichts hervor, die kürzlich publiziert wurden. Den beiden Männern wurde untersagt, sich zwischen dem 3. und 25. April in der Umgebung der Waldbesetzung aufhalten. Dagegen reichten sie am 29. April – als die Wegweisung bereits nicht mehr galt – Beschwerde ein.

Sie verlangten, die Verfügung solle für nichtig erklärt werden. Ausserdem hielten sie fest, es lägen keine Beweise dafür vor, dass sie «zu einer Gruppierung potenzieller Teilnehmenden einer gesetzwidrigen Areal- und Grundstückbesetzung» gehöre oder «Begleitperson von Personen einer der obigen Kategorien» sei.

Keine besonderen Umstände ersichtlich

Nach Eingang der Beschwerden hat das Verwaltungsgericht zunächst geklärt, «ob im heutigen Zeitpunkt über die Streitsache noch materiell zu entscheiden ist». Denn die Wegweisungen wurden lediglich bis am 25. April angeordnet. Die aargauische Praxis verlange das Vorliegen eines aktuellen praktischen Interesses an der Aufhebung oder Änderung nicht bloss beim Einreichen der Beschwerde, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung, heisst es in den Urteilen.

Das Gericht kommt deshalb zum Schluss, dass auf die Beschweren «mangels schutzwürdigem eigenen Interesse» gar nicht einzutreten sei. Es seien auch keine besonderen Umstände ersichtlich, aufgrund derer vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen wäre. «Dies umso weniger, als in vergleichbaren Fällen bei zeitnaher Beschwerdeerhebung ohne Weiteres während der Dauer der Wegweisung ein richterlicher Entscheid erwirkt werden kann», heisst es in den Urteilen weiter.

Der Weiterzug ans Gericht kostete die mutmasslichen Klimaaktivisten insgesamt knapp 370 Franken.

Urteile WPR.2022.33 und WPR.2022.34 des Aargauer Verwaltungsgerichts vom 11. Mai 2022