Parteiknatsch
Nach Mobbing-Vorwurf: Marianne Binder will Aussprache mit Ruth Humbel und Andreas Meier

Nun greift Mitte-Präsidentin Marianne Binder ein. Nach Ruth Humbels Kritik im AZ-Interview, sie werde von der eigenen Partei zum Rücktritt als Nationalrätin gedrängt, ruft sie die Streithähne zur Aussprache auf.

Rolf Cavalli
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Der Streit in der Mitte Aargau um die Frage, wann ihre langjährige Nationalrätin Ruth Humbel zurücktreten soll, loderte seit Monaten, wenn nicht Jahren unter der Oberfläche. Die Hauptbetroffene selber schwieg stets beharrlich und die Parteipräsidentin verwies auf die Beteiligten.

Andreas Meier: Hofft auf einen Wechsel nach Bundesbern.

Andreas Meier: Hofft auf einen Wechsel nach Bundesbern.

Sandra Ardizzone

Nur der Dritte im Bunde, der Klingnauer Winzer Andreas Meier, ging schliesslich in die Offensive. Vor den Sommerferien gab er den Rücktritt aus dem Grossen Rat bekannt, um gleichzeitig zu verkünden, er werde in den Nationalrat wechseln. Dazu müsste allerdings Ruth Humbel freiwillig und vorzeitig ihren Platz räumen. Meier hätte dann Anrecht darauf, weil er bei den Nationalratswahlen 2019 hinter Humbel und Binder das drittbeste Resultat holte auf der Mitte-Liste (die Mitte Aargau hat aktuell zwei Sitze).

Wie Ruth Humbel im Sommerinterview mit der AZ jetzt aber betont, ist die Sache nicht so eindeutig, wie sich das ihr Parteikollege offensichtlich vorstellt. Sie machte auch klar, dass sie es nicht in Ordnung findet, wie die Partei mit ihr umgeht.

Ruth Humbel beim AZ-Sommerinterview in ihrem Garten in Birmenstorf.

Ruth Humbel beim AZ-Sommerinterview in ihrem Garten in Birmenstorf.

Sandra Ardizzone

Humbels Kernaussagen dazu im AZ-Interview:

  • «Wenn Andreas Meier entscheidet, im Sommer aus dem Grossen Rat zurückzutreten, ist das seine Sache. Aber er kann damit nicht Druck ausüben auf mich.»
  • «Es gab ein Gespräch zwischen Andreas Meier und mir über einen allfälligen früheren Rücktritt. Er hat das wohl überinterpretiert. Sein Wunsch war, dass ich schon diesen Sommer zurücktrete, aber das habe ich nie bestätigt.»
  • «Es ist schon ein Druck, den man als Mobbing bezeichnen kann. (...) Es war von meiner Seite nie die Rede, dass ich schon im Sommer zurücktrete.»

Nach dieser deutlichen Kritik reagiert Parteipräsidentin Marianne Binder. Aus den Ferien im Tessin sagt sie der AZ am Telefon: Die Parteileitung habe sich in die Gespräche zwischen Ruth Humbel und Andreas Meier bewusst nicht eingemischt. «Eben, um gerade keinen Druck auszuüben», betont Binder. Sie sei davon ausgegangen, dass die beiden Betroffenen das unter sich ausmachen.

Regt Aussprache an: Parteipräsidentin Marianne Binder

Regt Aussprache an: Parteipräsidentin Marianne Binder

Britta Gut
«Ich bedaure, dass es offenbar zu Missverständnissen gekommen ist.»

Den Vorwurf des Mobbings weist die Parteipräsidentin zurück.

Binder will das Heft nun in die Hand nehmen: «Ich habe Ruth Humbel und Andreas Meier für ein klärendes gemeinsames Gespräch eingeladen», sagt sie. «Ich bin überzeugt, dass die Sache so zum Besten gewendet wird und Differenzen ausgeräumt werden.»

Andreas Meier: «Kann nicht abschätzen, was das bedeutet»

Bis zu einer solchen Aussprache bleibt die Frage des Rücktritts offen. Ruth Humbel, die diesen Samstag ihren 65. Geburtstag feiert, lässt Meier zappeln. Auf die Frage, ob es nicht definitiv sei, dass Andreas Meier noch dieses Jahr ihren Platz im Nationalrat einnehmen könne, sagte Humbel trocken: «Nein». Und: «Wenn ich zurücktrete, werde ich es sagen.»

Und was meint Andreas Meier zu den Äusserungen seiner Parteikollegin? «Ich kann im Moment nicht abschätzen, was das für mich bedeutet», sagt er am Freitagabend gegenüber der AZ. Er nehme das Angebot der Aussprache aber an.