Stipendien
Warum so knausrig? Der Kanton soll das Stipendienwesen untersuchen

Der Aargau ist der knausrigste Kanton, wenn es um Ausbildungsbeiträge geht. Grossrätinnen und Grossräte von links und der Mitte wollen wissen, warum.

Eva Berger
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Hörsaal der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) auf dem Campus Brugg-Windisch.

Hörsaal der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) auf dem Campus Brugg-Windisch.

Bild: zvg

Wer für sein Studium auf Unterstützung angewiesen ist, wohnt besser nicht im Aargau. Denn der Kanton ist bei den Ausbildungsbeiträgen knausrig. Durchschnittlich 4252 Franken hoch war ein Kantonsstipendium im letzten Jahr. In Schaffhausen, das die zweittiefsten Stipendien gewährt, gab es über 1000 Franken mehr. Das zeigen im Oktober publizierte Zahlen des Bundesamts für Statistik.

Dieser Umstand ruft die Politik auf den Plan. Grossrätin Simona Brizzi (SP) kündete nach der Veröffentlichung der neusten Statistiken an, eine Überprüfung durch den Regierungsrat zu fordern. Zusammen mit Grossrätinnen und Grossräte von links und der politischen Mitte hat sie nun an der Parlamentssitzung vom Dienstag ein Postulat mit dieser Forderung eingereicht. Dann seien die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, «damit ein grösstmöglicher Beitrag gegen den Fachkräftemangel geleistet werden kann», wie es im Postulat weiter heisst.

Eine Investition in die Zukunft

Stipendien seien eine Investition in die Zukunft junger Menschen, die für eine Ausbildung an einer Höheren Fachschule, Fachhochschule oder Hochschule und Universität alle Voraussetzungen ausser ausreichender finanzieller Mittel mitbringen. Wer über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt, könne viel zur Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen, wird das begründet. Angemessene Stipendien könnten darum auch helfen, dem prekären Fachkräftemangel entgegenzuwirken und sie unterstützten auch die Arbeitsmarktfähigkeit von Arbeitnehmenden in Branchen, die sich stark verändern und Weiterbildungen erfordern.

Die Postulantinnen appellieren an den Regierungsrat, er halte in seinem Entwicklungsleitbild selber fest, dass sich der Aargau als Wohn- und Wirtschaftskanton auch über Bildungschancen stärken wolle. Das sei aber nicht gegeben, da es mit der Bologna-Reform schwieriger geworden ist, neben dem Studium zu arbeiten. Der Studienabschluss verzögere sich tendenziell, wodurch wiederum Mehrkosten für den Kanton anfielen.

Splittingmodell gilt seit 2018

Im Aargau gilt seit 2018 für Ausbildungsbeiträge ein Splittingmodell: Zwei Drittel des Maximalbeitrags können als Stipendien bezogen werden, ein Drittel als rückerstattungspflichtiges Darlehen. Wer sich nicht mit einem Darlehen verschulden will, erhält höchstens 10'667 Franken pro Jahr. Auch andere Kantone kennen ein solches Splittingmodell. Allerdings haben diese auch höhere Maximalbeiträge festgesetzt.

Seit der Einführung des neuen Modells gehen die durchschnittlich errichteten Stipendien zurück. Und auch die Zahl der Gesuchsteller hat in den letzten vier Jahren abgenommen. Hierzu wollen die Postulantinnen die Gründe erfahren. Auch, welche Tendenzen sich bei Studiendauer und Studienabbrüchen ergeben, fragen sie nach. Zudem soll der Regierungsrat die Effekte des Splittingmodells und der Stipendiengesetzesrevision insgesamt aufzeigen.

Stipendienwesen schon vor Revision unterdurchschnittlich

Der Stipendienaufwand des Kantons Aargau habe bereits vor der Einführung des Splittingmodells unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt gelegen, heisst es im Vorstoss. Warum der Aargau vier Jahre nach der Einführung des neuen Gesetzes den letzten Platz im Kantonsvergleich belegt, soll der Regierungsrat aufzeigen.

Beim Kanton wird man mit dem Vorstoss offene Türen einrennen. Olivier Dinichert, der Leiter der Abteilung Hochschulen und Sport, sagte im Oktober gegenüber der AZ, der Kanton habe ein grosses Interesse daran, die Effekte aus der Stipendiengesetzesrevision zu untersuchen. Nicht zuletzt die finanziellen.