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Am 12. Februar stimmen die Aargauerinnen und Aargauer über die Anti-Lehrplan-Initiative ab. Gegner und Befürworter kritisieren sich gegenseitig, falsche Behauptungen aufzustellen. Wir haben die elf wichtigsten Fragen und Fakten zusammengestellt.
Im Frühjahr 2006 hiessen die Schweizer Stimmberechtigten mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 86 Prozent den neuen Bildungsartikel gut. Dieser verlangt, dass die Kantone das Schuleintrittsalter, die Schulpflicht und die Bildungsstufen sowie deren Ziele harmonisieren müssen. Damit die Bildungsziele vereinheitlicht werden können, haben die 21 Deutschschweizer Kantone gemeinsam den Lehrplan 21 erarbeitet. Dazu wurden neben Bildungsfachleuten auch Vertreter aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik beigezogen.
Erstmals wurde mit dem Lehrplan 21 ein Lehrplan für die gesamte Deutschschweiz erarbeitet.
Im neuen Lehrplan wird der Bildungsauftrag an die Schulen kompetenzorientiert beschrieben. Es wird beschrieben, was alle Schülerinnen und Schüler wissen und können müssen. Der Lehrplan 21 zeigt, wie die einzelnen Kompetenzen über die ganze Volksschulzeit aufgebaut werden. Er legt Grundansprüche fest und formuliert weiterführende Kompetenzstufen.
Mit der Kompetenzorientierung im Lehrplan 21 soll erreicht werden, dass der Lehrplan nicht bereits erfüllt ist, wenn der im Lehrplan aufgelistete Stoff im Unterricht behandelt wurde, sondern erst dann, wenn die Kinder und Jugendlichen über das nötige Wissen verfügen und dieses auch anwenden können. Für Irritationen sorgte allerdings die umfangreiche und umständlich wirkende Liste mit den 363 Kompetenzen und über 2300 Kompetenzstufen. Ein Beispiel aus der Mathematik: «Schülerinnen und Schüler können Zahlen bis 1 Milliarde lesen und schreiben».
Nach einer ersten Überarbeitung wurde der Lehrplan 21 im Oktober 2014 verabschiedet und den Kantonen übergeben. Jeder Kanton hatte nun die Möglichkeit, eigene kantonsspezifische Anpassungen vorzunehmen. 19 Deutschschweizer Kantone haben die Einführung ihrer jeweiligen Lehrplanversion bereits beschlossen, zwei Kantone, neben dem Aargau auch noch Appenzell Innerrhoden, planen diese.
Als letzter aller beteiligten Kantone möchte der Aargau den neuen Lehrplan im Schuljahr 2020/21 einführen. Basis ist der Lehrplan 21, der aber auf die aargauischen Bedürfnisse angepasst wird. Dabei sollen die Erfahrungen anderer Kantone berücksichtigt werden. Bei der Erarbeitung und Anpassung auf die aargauischen Bedürfnisse sollen Schule, Politik und Wirtschaft mit einbezogen werden.
Die Initiative richtet sich gegen den Lehrplan 21. Nach Ansicht der Initianten basiert dieser mit der Kompetenzorientierung auf einem eindimensionalen Bildungsverständnis und widerspricht der aargauischen Verfassung. Die Initiative soll, so die Initianten, «die Fehlentwicklungen in der nationalen Bildungspolitik» stoppen.
Mit einer Änderung von Paragraf 13 des aargauischen Schulgesetzes wollen die Initianten sicherstellen, dass es im Kanton Aargau nicht mehr möglich sein wird, den neuen Aargauer Lehrplan auf der Basis des Lehrplans 21 zu erstellen.
Nein. Entgegen dem Titel der Initiative würde der zur Abstimmung gelangende Paragraf im Schulgesetz nicht verhindern, dass der neue Aargauer Lehrplan wie in allen anderen Deutschschweizer Kantonen auf der Grundlage des Lehrplans 21 erarbeitet würde. Allerdings müssten massive Vorgaben und Einschränkungen berücksichtigt werden: So verlangt die Initiative einen Rahmenlehrplan für den Kindergarten, definiert das Fächerangebot und verlangt verbindliche Jahresziele.
Ja. So dürfte dann gemäss Schulgesetz etwa an der Primarschule nur noch eine Fremdsprache unterrichtet werden. Die Regierung hält diese Regelung für unpraktikabel – die Einführung eines neuen Fachs etwa verlangte zwingend eine Gesetzesänderung – und sie befürchtet, dass sich der Aargau dadurch in die «bildungspolitische Isolation» begeben würde. Die Initianten hingegen beziehen sich auf ein Gutachten, das bestätigt, dass Änderungen im Fächerkanon, auch wenn dieser im Gesetz fest verankert ist, problemlos möglich seien.
Falls die Initiative am 12. Februar vom Aargauer Stimmvolk abgelehnt wird, ist der Weg frei zur Erarbeitung des neuen Aargauer Lehrplans. Dabei gilt es, die Prinzipien des Basislehrplans 21 möglichst optimal mit den aargauischen Verhältnissen und Bedürfnissen in Einklang zu bringen.
Nein. Für die Verabschiedung des neuen Aargauer Lehrplans ist der Regierungsrat unter Einbezug des Erziehungsrats zuständig. Über allfällige Mehrkosten gegenüber dem heutigen Schulunterricht hätte der Grosse Rat zu entscheiden.