Bad Zurzach
Dieses Ehepaar organisiert das Treffen mit den seltenen Musikinstrumenten: «Für das Drehorgelspiel braucht es Gefühl und Herzblut»

Georg und Theres Dietschi organisieren das 34. Drehorgeltreffen in Bad Zurzach und lassen auch selber ihre kostbaren Instrumente erklingen. Welche seltenen und kostbaren Drehorgeln es zu entdecken gibt, und weshalb es nicht reicht, nur an der Kurbel zu drehen.

Ursula Burgherr
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Rund 50 Drehorgelspielerinnen und -spieler erwarten Georg und Theres Dietschi zur 34. Ausgabe des Drehorgeltreffens, das an diesem Wochenende in Bad Zurzach stattfindet. Seit 2009 organisieren sie den Anlass, an dem es die immer seltener werdenden Musikinstrumente zu bestaunen und zu hören gibt. Das Ehepaar wurde zwei Jahre zuvor vom Drehorgel-Fieber gepackt. In der hauseigenen Sammlung befinden sich mittlerweile verschiedene der mechanischen Wunderwerke. Darunter die kleinste 20-Tonstufen-Lochbandorgel der Welt, die nicht grösser ist als ein Schwyzerörgeli.

Georg und Theres Dietschi besitzen mehrere Drehorgeln.

Georg und Theres Dietschi besitzen mehrere Drehorgeln.

Bild: Ursula Burgherr

Am Drehorgeltreffen werden auch seltene Instrumente zu bestaunen sein. Zum Beispiel eine alte Walzenorgel von 1880, bei der eine Stiftwalze mit kleinen Metallagraffen als Programmträger dient; und eine der ersten Bandorgeln aus dem Jahr 1912, bei der die verschiedenen Melodien ab Lochband gespielt werden. «Früher wurden die einzelnen Stücke noch minutiös von Hand auf die Bänder gestanzt. Heute geht das alles viel einfacher und zeitsparend am Computer», erklärt Georg Dietschi.

Wer denkt, dass es bei der oft etwas abwertend genannten «Leierkasten-Musik» reicht, bloss an der Kurbel zu drehen, irrt sich gewaltig. «Es braucht viel Herzblut, um die Stücke nuanciert klingen zu lassen. Das Publikum spürt den Unterschied, ob jemand gefühlvoll spielt oder einfach emotionslos durchdreht», bekundet Theres Dietschi. Gemeinsam mit ihrem Mann und 24 weiteren Mitwirkenden wird sie zum Auftakt des 34. Drehorgeltreffens diesen Freitag um 18 Uhr in der reformierten Kirche Bad Zurzach aufspielen.

Vom Klang ist ihre Drehorgel am ehesten mit einer klassischen Kirchenorgel zu vergleichen. Es gibt Musikinstrumente mit mehr und weniger Tonstufen und Pfeifen, danach richtet sich auch die Grösse des Repertoires. «Die Stilvielfalt ist riesig», meinen die beiden Festorganisatoren, «sie reicht von geistlicher und klassischer Musik bis hin zu Schlagern und Rock ’n’ Roll».

Video: Ursula Burgherr

Dass vor allem reifere Menschen Drehorgel spielen, hat ihrer Meinung nach vor allem mit den relativ hohen Preisen für die meist kostbar bemalten Preziosen zu tun. Grössere Instrumente können auf 30’000 Franken und mehr zu stehen kommen. «Die jüngere Generation hat nicht so viel Geld oder gibt es lieber für etwas anderes aus», weiss Georg Dietschi aus Erfahrung. Nachwuchs gibt es aber immer wieder: «Meistens haben sie die Instrumente von ihren Eltern oder Grosseltern übernommen und betreiben deren Hobby weiter.»

Sie spielten auch schon in Deutschland und Frankreich

Neben dem Drehorgelspiel singen die beiden im Jodelclub Bad Zurzach mit, der an den Jodlerfesten 2022 und 2023 für seine Beiträge die Bestnote erhielt. «Wir sind Pensionäre im Unruhestand», sagt Georg Dietschi im liebevoll eingerichteten Wohnhaus in Rekingen und lacht. «Früher waren wir alle 14 Tage weg, heute nehmen wir es gerne etwas ruhiger», gesteht Theres Dietschi.

Sie ist 73 und ehemalige Filialleiterin beim Schweizer Modeunternehmen Charles Vögele; er, 76, arbeitete zuletzt als Zöllner am Zürcher Flughafen. Die beiden wirken fit und glücklich. Das ist nicht zuletzt auf das Drehorgelspielen zurückzuführen. Sie traten schon in der ganzen Schweiz, in Deutschland und Frankreich auf. Sehr zur Freude der Passantinnen und Passanten, die stehen blieben und zuhörten. «Die Stimmung ist immer hervorragend. Die Leute klatschen und tanzen zur Musik. Es gibt ganz viele kostbare Konzertmomente, die uns für immer in Erinnerung bleiben.»

Einige der vielen Highlights waren Auftritte im weihnachtlich geschmückten Europapark Rust (DE) und an der Bundesgartenschau in Stuttgart (DE). Die Kostüme für die Auftritte näht Theres Dietschi alle selber. Ein gepflegtes Äusseres gehört zum Ethos praktisch aller Drehorgelspielerinnen und -spieler. Damen tragen meist lange, nostalgische Röcke und opulente Kopfbedeckungen, Männer treten oft in Frack, Gilet, weissem Hemd und mit Zylinder oder Strohhut auf. Denn dem Publikum soll nicht nur fürs Ohr, sondern auch fürs Auge etwas geboten werden.

Das bietet auch der Floh- und Antiquitätenmarkt mit über 60 Ständen, der am Samstag während des Drehorgeltreffens in Bad Zurzach stattfindet.

34. Drehorgeltreffen Bad Zurzach mit Floh- und Antiquitätenmarkt: Freitag, 25. 8., 18 Uhr, Drehorgelkonzert in der ref. Kirche. Samstag, 26. 8., 9 bis 17 Uhr, Floh- und Antiquitätenmarkt mit ca. 50 Drehorgelspielerinnen und -spielern; 9 bis 13 Uhr, Kinderflohmarkt; 13 bis 15 Uhr, Kinderschminken; 16.30 Uhr, Umzug und Verabschiedung der Mitwirkenden vor der Kirche.