Am ersten öffentlichen Anlass des Vereins Doppeltür im Historischen Museum in Baden informierte Präsident Lukas Keller über den aktuellen Stand des Vermittlungsprojekts im Surbtal. Nicht zufällig las Charles Lewinsky aus seinem Roman «Melnitz».
Baden spielt, neben Endingen und Lengnau, in Charles Lewinskys Familienepos «Melnitz» eine wichtige Rolle. Damit war es wohl naheliegend, dass der Verein Doppeltür für seinen ersten öffentlichen Anlass – die Vorstellung des Projektes und eine Lesung mit Charles Lewinsky – Baden, genauer das Historische Museum, wählte.
«Die Doppeltüren prägen die Dorfbilder von Endingen und Lengnau, und sie sind Sinnbilder für das Zusammenleben», stellte Lukas Keller, der Präsident des Vereins Doppeltür fest, bevor er die Meilensteine des Projektes in Erinnerung rief.
Hervorgegangen ist der Verein Doppeltür, der 2017 gegründet wurde, aus dem Jüdischen Kulturweg Endingen-Lengnau, der 2009 von der damaligen Bundesrätin Ruth Dreifuss eröffnet worden war. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Einblick in die aussergewöhnliche Geschichte des Surbtals zu ermöglichen und gleichzeitig Anknüpfungspunkte zu aktuellen Gesellschaftsthemen, wie Respekt, Migration und Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser und kultureller Herkunft, zu bieten.
Finanzierung für Besucherzentrum wohl gesichert – bald Baueingabe
«Ab 2018», so Lukas Keller, «ging es Schlag auf Schlag. Nach dem Kauf der Liegenschaft in Lengnau 2019, dem Fundraising und der Vorprojektphase stehen wir jetzt kurz vor der Baueingabe für das Begegnungszentrum in Lengnau. Und wir sind zuversichtlich, dass wir schon bald mit dem Bau beginnen können.» Auch die Finanzierung scheint gesichert. Lukas Keller sagt:
«Von den Totalkosten von 11,295 Millionen Franken, von denen 6,7 Millionen auf den Erwerb und den Umbau der Liegenschaft in Lengnau entfallen, sind zwei Drittel finanziert.»
Unter anderem auch durch Beiträge des Kantons. Das zeige, dass das Projekt Doppeltür auf gutem Weg sei, so Keller.
Abtauchen – Auftauchen – Eintauchen
Das Konzept der Ausstellung im künftigen Begegnungszentrum wird auf den Begriffen «Abtauchen», «Auftauchen» und «Eintauchen» aufbauen. Aus der Gegenwart werden die Besucherinnen und Besucher ins historische Surbtal der Zeit zwischen 1776 und 1866 abtauchen, bevor sie anhand einer Timeline in die Zeit von 1866 bis zur Gegenwart auftauchen, ins Jetzt eintauchen und ausschwärmen, um die Zeitzeugen aus der jüdischen Geschichte des Surbtals in Echt zu erleben.
Zu diesen Zeitzeugen wird auch die Mikwe, das einstige rituelle Tauchbad der jüdischen Gemeinde Endingen, gehören. Im August konnte die Liegenschaft durch eine Stiftung erworben werden, welche der Verein Doppeltür im Frühjahr ins Leben gerufen hatte. «Wir sind daran, Überlegungen darüber anzustellen, was in der Mikwe gezeigt werden soll», sagte Lukas Keller. «Zur Hauptsache wird es dabei um den Umgang des Menschen mit dem Wasser gehen.»
Lukas Keller betonte auch die Bedeutung, die der Verein Doppeltür der Zusammenarbeit mit den Schulen beimisst: «Ziel ist es, dass jede Schulklasse einmal das Begegnungszentrum besucht.»
Eintauchen in ein Epos
Endingen und Baden waren auch die Schauplätze jener beiden Stellen, die Charles Lewinsky aus seinem Roman «Melnitz» vortrug. Vor vollem Haus liess er Charaktere aus seinem Roman auferstehen. Man sah sie förmlich vor sich, den Viehhändler Salomon Meijer aus Endingen, seine Frau Golde, die der französischen Eleganz zugetane Tochter Mimi, Chanele, «keine Tochter des Hauses, aber auch kein Dienstmädchen», und den unerwarteten Besucher Janki.
Man tauchte sozusagen in die Atmosphäre am Meijer’schen Küchentisch ein – und im zweiten Teil der Lesung in diejenige des bürgerlichen Haushaltes des arrivierten Badener Geschäftsmannes Janki, seiner immer noch «frankophilen» Gattin Mimi und deren Tochter Hinda. Und in der Gestalt des Mantelschneiders Zalman Kamionker aus New York, «dem vieles, aber eines nicht verhandelbar ist», liess Charles Lewinsky erneut eine faszinierende Figur erscheinen und damit eine neue Epoche im Familienepos der Meijers.
Zwischen den beiden Lesungen, im Gespräch mit Esther Girsberger, der Vizepräsidentin des Vereins Doppeltür, verriet der äusserst vielseitige und erfolgreiche Autor zudem einiges über sein Handwerk.