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Mit 1,6 Promille in Koblenz unterwegs: Weil ein 43-jähriger Deutscher der Gerichtsverhandlung unentschuldigt fernblieb, erhöht sich seine Busse markant.
An einem Dienstag im August vergangenen Jahres war Autofahrer Marcel (Name geändert) an der Bahnhofstrasse in Koblenz zu nächtlicher Stunde in eine Kontrolle der Grenzwache geraten. Doch statt der Aufforderung zum Anhalten Folge zu leisten, war der 43-Jährige auf der Koblenzerstrasse trotz dortigen Fahrverbots bis kurz vor das Kraftwerk Klingnau weitergefahren.
Schliesslich war er von den Grenzwächtern gestellt und unter die Lupe genommen worden. Rasch wurde klar, dass ihnen – strassenverkehrsrechtlich – ein ordentlich dicker Fisch ins Netz gegangen war.
Der BMW 335i, an dessen Steuer Marcel, ein im Bezirk Brugg lebender Deutscher, sass, gehört seiner Lebenspartnerin. Das Auto hatte er ohne deren Wissen und Einwilligung entwendet. Der Handwerker war damit zur Arbeit gefahren und danach wohl zum Feierabendbier. Augenscheinlich war es nicht bei einem, zwei oder drei Gläsern geblieben – möglicherweise hatte sich noch gehaltvollere Tranksame dazugesellt.
Jedenfalls hatte der Atemlufttest eine Alkoholkonzentration von 0,79 Milligramm pro Liter ergeben, was knapp 1,6 Promille entspricht.
Im Januar dieses Jahres hatte die Staatsanwaltschaft Marcel wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand und ohne Berechtigung, Entwendung eines Fahrzeugs zum Gebrauch, Hinderung einer Amtshandlung sowie Verletzung der Verkehrsregeln per Strafbefehl verurteilt.
Bereits im Juni 2019 hatte das Bezirksgericht Brugg Marcel wegen Fahren ohne Berechtigung und Entwendung zum Gebrauch zu einer bedingten Geldstrafe von 8100 Franken verurteilt.
Da er innerhalb der zweijährigen Probezeit jetzt noch massiver gegen das Strassenverkehrsgesetz verstossen hat, wurde die bedingte Strafe
widerrufen und eine Gesamtstrafe von 21 600 Franken verhängt – nunmehr unbedingt. Die Summe setzt sich aus 180 Tagessätzen à 120 Franken zusammen, was bedeutet, dass Marcel bei schuldhaftem Nichtbezahlen 180 Tage hinter Gittern absitzen müsste.
Marcel hatte innert zehn Tagen um Fristerstreckung zur Einreichung einer Einsprache ersucht, was seine Anwältin nachträglich damit begründete, dass dies sinngemäss als Einsprache zu werten sei. Da keine weiteren Eingaben seitens des Beschuldigten gefolgt waren, wertete der Staatsanwalt die Einsprache als nicht gültig.
Einzelrichter Cyrill Kramer war anderer Ansicht und lud Marcel zur Hauptverhandlung vor. Diese war auf Dienstagvormittag angesetzt, doch Richter und Schreiberin warteten vergeblich: Der Beschuldigte und seine Anwältin blieben der Verhandlung unentschuldigt fern. Somit summieren sich Marcels Schulden dem Staat gegenüber auf 24'100 Franken, zusammengesetzt aus der Geldstrafe, 100 Franken Busse, 100 Franken Auslagen, 1500 Franken Strafbefehlsgebühr plus nunmehr 800 Franken Gerichtsgebühr.
Marcels Fernbleiben vor dem Bezirksgericht Zurzach am Montag war insofern bedauerlich, weil damit letztlich offene Fragen unbeantwortet bleiben. Etwa diese: Wie kommt ein offenbar tüchtiger Handwerker dazu, durch reine Uneinsichtigkeit ein kleines Vermögen förmlich zu verspielen?