Döttingen
Dieses Aargauer Paar ist in ein Bürgerkriegsland ausgewandert: Bevor sie abreisten, gaben sie sich noch das Jawort

Liberia gilt nicht als bevorzugtes Auswandererparadies. Das westafrikanische Land ist vom Bürgerkrieg gezeichnet. Melanie und Ivo Amstutz aus Döttingen haben den Schritt trotzdem gewagt.

Ursula Burgherr Jetzt kommentieren
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Liberia-Auswanderer Melanie Amstutz Huber mit ihrem Ehemann Ivo hier am Rhein in Koblenz. Er arbeitet in Monrovia für eine Brauerei, sie in der deutschen Botschaft.

Liberia-Auswanderer Melanie Amstutz Huber mit ihrem Ehemann Ivo hier am Rhein in Koblenz. Er arbeitet in Monrovia für eine Brauerei, sie in der deutschen Botschaft.

Alex Spichale

Melanie war gerade mal 17, als sie ihren Ivo kennen lernte. «Wir waren beide in der Jungwacht Blauring. So richtig gefunkt hat es dann in einem Sommerlager», erzählen die beiden und strahlen sich an.

Heute ist sie 27 und gelernte Kauffrau, er 33 und Maschinentechniker. Beide blicken auf eine gut behütete Kindheit in Döttingen zurück und hatten Jobs in der Region. «Dann kam das Angebot, als Chef mechanischer Unterhalt für eine Brauerei in Monrovia, der Hauptstadt von Liberia, zu arbeiten», erzählt Ivo Amstutz.

Ihre Devise: «Wenn nicht jetzt, wann dann?»

Das afrikanische Land, in dem über 30 Jahre einer der blutigsten Bürgerkriege der Welt herrschte und es heute noch überall an Infrastruktur fehlt, ist auf der touristischen Landkarte sozusagen ein blinder Fleck. Die beiden sagen:

«Ein paar Jahre im Ausland zu verbringen, hat uns immer gereizt. Aber ausgerechnet Liberia?»

Sie hätten es sich Monate lang überlegt, ob sie zusammen dorthin gehen sollten. «Dann fiel unser Entscheid positiv aus. Noch sind keine Kinder da. Wenn nicht jetzt, wann dann?»

Lieber etwas wagen, als sich später vorzuwerfen, es nicht versucht zu haben. Das ist die Devise von Melanie und Ivo Amstutz. So gab er seinen Job als Inbetriebnahmetechniker bei einer Koblenzer Firma auf.

Sie hatte eine befristete Anstellung als Gemeindeschreibervertreterin in Döttingen und hätte gute Chancen für eine neue Beschäftigung gehabt. Doch die junge Frau folgte ihrem Mann ins Blaue hinaus und ohne jegliche Berufsaussichten nach Afrika. 2021, kurz vor der Abreise gaben sich die Zwei das Jawort.

Einen Job in der deutschen Botschaft gefunden

«Die ersten Monate in Liberia waren ein Kulturschock», erzählt Melanie Amstutz bei einem Besuch ihrer Grosseltern in Döttingen. «Frauen reinigen ihre Kleider am Strassenrand auf Waschbrettern, kochen auf Holzkohle und pumpen das Wasser aus den Brunnen in der Stadt.»

Währenddessen lebt das Ehepaar Amstutz auf dem Areal der Brauerei mit 12 Bungalows und Swimmingpool. «Sobald wir rausfahren, sind wir mit der Realität konfrontiert. Es gibt meistens nur einfache Blech- und Backsteinhütten und einen riesigen Markt. Dort herrscht ein wildes Gewusel.» Melanie hat mittlerweile einen 50-Prozent-Job auf in deutschen Botschaft gefunden. Sie gibt zu, als Ausländerin in einer Art «Bubble» zu leben.

Offen, wie lange das Abenteuer dauern wird

«Als Frau traue ich mich ausserhalb unseres Wohnquartiers nicht überall hin. Und es gibt Quartiere, die abends sogar von den Einheimischen gemieden werden.» Ivo hat in der Brauerei mehr Kontakt mit lokalen Arbeitern. «Die Leute haben nichts, leben von der Hand in den Mund», sagt er. «Wir sind sehr demütig geworden, wie gut wir es haben», sagt das Paar.

Für Melanie ist und bleibt der Aargau ihre Heimat. Ivo hingegen meint: «Für mich ist mein Zuhause dort, wo der Alltag stattfindet und meine Frau ist.» Solange sie zusammen sind, kommen sie in jeder Situation zurecht. Wie lange der Aufenthalt in Liberia dauern wird, ist zurzeit noch ungewiss.

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