Das Piemont hat das Leben von Maya Marsilio auf den Kopf gestellt. Die ehemalige Direktionsassistentin und Lehrtochter von Swiss-Tennis-Präsident René Stammbach organisiert Reisen nach Italien und führt einen Weinhandel.
Maya Marsilio war Mitte 20, als sie sich Hals über Kopf verliebte – weder in einen Mann, noch in eine Frau, sondern ins Piemont. Ein Kollegenpaar hatte sie für ein Wochenende dorthin entführt.
«Als ich die Weite der Landschaft, die sanften Hügel, die Rebberge und die Haselnusssträucher in der Langhe und Alte Langhe sah, ist mir das Herz aufgegangen. Nach den drei Tagen hab ich zu mir gesagt ritorno – ich komme wieder.»
Es war kein leeres Wort – und bei jedem der folgenden, zahlreichen Besuchen verliebte sie sich noch ein bisschen mehr, bis schliesslich das Piemont dem Leben der Rekingerin eine entscheidende Wende gab: Unter dem Namen «Piemont Passion» organisiert die heute 49-Jährige individuelle Genuss- und Erlebnisreisen und führt mit «Vin-Avventura» in Rekingen mit seinen 960 Einwohnerinnen und Einwohnern eine kleine Weinhandlung.
Aufgewachsen ist Maya Marsilio im Block der Soda-Fabrik, in der ihr aus dem Veneto gebürtiger Vater arbeitete. Dem dringenden Wunsch der Eltern, sie solle eine KV-Lehre absolvieren, widersetzte sie sich mit Händen und Füssen, bis sie René Stammbach traf.
«Meine Mutter hatte mich zum Schnuppern ins Elektrogeschäft Stammbach an der Hauptstrasse in Zurzach geschickt. Im ersten Stock hatte Sohn René, der heutige Präsident von Swiss Tennis, sein Büro. Schlagartig war mir klar: Wenn eine KV-Lehre, dann nur bei der Sport Management International, die Damenturniere auf Weltklasseniveau organisierte. Ich habe es keinen Moment bereut.»
Auf den Lehrabschluss waren verschiedene Büro-Jobs, später auch Weiterbildungen bis zur Direktionsassistentin gefolgt. «Jahrelang hatte ich den Wunsch nach Selbstständigkeit in mir getragen, ohne mir die Art und Weise konkret vorstellen zu können.»
Marsilios Leidenschaft für die flächenmässig grösste Region des italienischen Festlandes blieb auch ihren Freunden und Bekannten nicht verborgen. «Auf der Suche nach dem passenden Ambiente für meinen 40. Geburtstag habe ich 2013 einen Kollegen mit ins Piemont genommen. Das Fest wurde ein grosser Erfolg.»
Drei Jahre später brachte ihre Liebe zum Piemont sie zu einer entscheidenden Einsicht «Ich war 43, Chef-Assistentin bei der UPC und fragte mich, wenn ich zwölf Stunden täglich im Dienste von Fremden arbeite, könnte ich das doch genauso für mich tun.» Mit Hilfe des Brand Managers Christian Loosli in Basel wurden ihre Ideen Schritt für Schritt umgesetzt und das nötige Marketing erarbeitet.
In den mehr als 25 Jahren, in denen die Rekingerin beinahe jede freie Minute im Piemont verbrachte und verbringt, hat sie abseits der grossen Touristenströme wunderbare Orte und Lokale mit köstlicher Küche entdeckt, zahlreiche Freundschaften geschlossen, unter anderem mit Winzerfamilien, die seit Generationen auf ihren kleinen und mittleren Gütern nach alter Tradition Weine produzieren, «in denen man der Charakter der Trauben in der Nase riecht und im Gaumen schmeckt».
Ziel und Sinn von «Piemont Passion» ist es, den Kunden massgeschneidert verborgene Orte und Produzenten, die mit der Terra tief verwurzelt sind, nahe zu bringen.
«Als Erstes erspüre ich jeweils, was für den oder die Kunden im Vordergrund steht: Ob ein Paar sich besonders für Kultur interessiert, eine Gruppe sich gerne bewegt, jemand lieber in einem Oldtimer fährt oder auf einem E-Bike. Ich setze alles daran, alle Wünsche zu erfüllen – vom Hotel über die Mahlzeiten in typischen Lokalen, Ausflüge und natürlich Weindegustationen bei ‹meinen Winzern›. Meine Kunden sollen im Piemont rundum sorglose Tage mit vielen Erlebnissen und Emotionen verbringen. Das ist mein oberstes Ziel.»
1982 hatten Marsilios Eltern Im Winkel, mitten in Rekingen, ein altes Haus erworben, das Maya Marsilio 1997 übernahm. Hübsch herausgeputzt mit schneeweisser Fassade und blauen Läden bewohnen heute die Eltern eine Hälfte des Hauses, sie die andere. Eine alte Kunst steht zwischen der offenen Küche und dem Esstisch. Hier bewirtet die leidenschaftliche Köchin nicht nur private Gäste.
Und von hier aus führt sie Kunden über schiefe Steinstufen in altes Kellergewölbe das sie in ein wahres Weinabenteuer verwandelt hat: «VinAvventura» heisst der Weinhandel, den sie 2019 zusammen mit ihrer älteren Schwester Marina als Kollektivgesellschaft gegründet hatte.
Während die Schwester sich inzwischen zurückgezogen hat, öffnet Maya ihren Weinkeller auch für Degustationen, zu der sie Salumi-Plättli oder selbstgemachte Häppchen nach Original piemontesischen Rezepten auftischt. Denn für glückliche Kunden ist Maya Marsilio nichts zu viel.