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Nach den Knallkörper-Funden in Klingnau redet zum ersten Mal der 42-Jährige, der die Böller hergestellt hat. Es tue ihm leid für jene, die Angst hatten. Aber er selbst habe nur zwei Knallkörper gezündet – und nicht in den Reben.
Wochenlang hielten laute Knalle in der Nacht und Funde von Knallkörpern ganz Klingnau in Atem. Vorletzten Freitag kam es zur Festnahme eines 42-Jährigen. «Mir war sofort klar, worum es geht», sagt der Mann. Zwei Polizisten in Zivil legten ihm Handschellen an und fuhren ihn zur Einvernahme nach Baden. Schnell fügt er hinzu: «Die Böller waren zwar von mir. Aber ich habe nur zwei gezündet, und nicht in den Reben, sondern im Wald.»
Wie ist das möglich, wo Bewohner angaben, im Februar und März in sieben Nächten laute Knalle gehört zu haben? Die Bundesanwaltschaft, die das Strafverfahren übernommen hat, äussert sich dazu nicht.
Der Mann dagegen holt aus. Pyrotechnik habe ihn schon immer fasziniert. Die chemischen Zutaten, die er verwendet habe, seien weder illegal noch gefährlich. Man könne sie sich per Post schicken lassen. «Die explodieren nicht einfach so.» Illegal sei dagegen, die Zutaten zu mischen.
Für das Zünden der zwei Böller sei er «tief in den Wald» gelaufen. «Ich wollte das Zeug einfach mal testen», sagt er. «Aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, das in den Reben und so nahe von bewohnten Liegenschaften zu tun.» Er glaube auch nicht, dass jemand diese Knalle aus dem Wald gehört habe.
Doch wie kam es zu den anderen Knallen? «Die zwei Knalle haben mir gereicht. Danach wurde es mir zu heiss.» Ihm wurde bewusst, dass er mit dem Gesetz in Konflikt kommen könnte. Die restlichen Böller wollte er entsorgen. Dabei sei ihm ein Missgeschick widerfahren. Den Sack mit den Böllern klemmte er auf den Gepäckträger seines Velos. Bei der Entsorgungsstelle angekommen, war der Sack weg. Er musste ihn auf der Fahrt verloren haben. Sofort sei er zurückgefahren, habe aber nichts mehr gefunden. So habe er zwar die Blindgänger, die im Achenbergbach und in den Reben gefunden wurden, hergestellt, aber eben nicht dort entsorgt, beteuert er.
Ich verstehe, dass Leute Angst gehabt haben. Für sie tut es mir leid.
Im März habe er zwei der Knalle selbst gehört. «Ich habe beide Male sofort gewusst: Das ist mein Böller.» Einer sei ganz in der Nähe seiner Wohnung in die Luft gegangen. «Mehrere Nachbarn in unserem Mehrfamilienhaus sind auf den Balkon gegangen. Die müssten bestätigen können, dass ich den unmöglich gezündet haben kann.»
Da sei ihm bewusst geworden, dass ihm Ärger blühen könnte. Zur Polizei wollte er nicht gehen. «Ganz ehrlich: Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich hatte Angst um meinen Job.»
Nachdem es wochenlang ruhig war, hatte er das Thema eigentlich abgehakt. Doch dann kam es zum Fund eines Böllers in den Reben, den eine Privatperson auf den Polizeiposten brachte und damit einen Grosseinsatz auslöste. «Er sah aus wie ein Stange Dynamit», sagte ein Polizeisprecher. Der Böller-Bastler räumt ein: «Mit der Zündschnur sah der natürlich gfürchig aus, wie eine Bombe.»
Nun habe er wieder «Bammel» bekommen. «Meine DNA und Fingerabdrücke werden sie im Labor sicher feststellen können», sagt er. Insofern sei er von der Festnahme nicht völlig überrascht worden. Dazu kommt: Einen Böller habe er einem Bekannten geschenkt. Diesen hätten weitere Personen gesehen – eine habe ihn der Polizei gemeldet.
Als die Beamten seine Wohnung durchsuchten, sei er bereits wieder frei und dabei gewesen. «Ich habe den Polizisten versprochen, dass sie nichts zu befürchten haben. Logisch, dass sie trotzdem vorsichtig waren», erzählt er. «Die Hausdurchsuchung lief sehr professionell ab. Man hätte kein Sandkorn vor ihnen verstecken können. Aber ich hatte auch nichts zu verbergen.»
Wie hat die Polizei darauf reagiert, dass er die Böller verloren habe? «Das klang für den Beamten bei der Einvernahme etwas abenteuerlich. Aber es ist wirklich wahr.» Wichtig sei ihm Folgendes: «Ich verstehe, dass Leute Angst gehabt haben. Für sie tut es mir leid. Das war nicht meine Absicht.» Nun hofft er auf eine tiefe Strafe und dass nicht zu hohe Kosten auf ihn zukommen. Einen Anwalt hat er sich nicht genommen. «Ich habe ja alles zugegeben.»
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