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Aargau
Zurzibiet
Mindestens ein Toter, zahlreiche Felder und Kulturen, Strassen und Häuser zerstört: In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai 1931 suchte ein heftiges Unwetter den Bezirk Zurzach und Teile des Bezirks Baden heim. Die Schäden waren verheerend.
«Im verwüsteten Flecken Zurzach, Tegerfelden fast abgeschlossen von der Aussenwelt, schwere Überschwemmungsschäden im Surbtal»: Die Unwetterkatastrophe vor 90 Jahren richtete im Zurzibiet grosse Schäden an, wie das Badener Tagblatt am Montag, 1. Juni 1931, berichtete. Das Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen und Hagel begann am Freitag, 29. Mai, um 22.30 Uhr und dauerte bis in die frühen Morgenstunden.
Die gewaltigen Wassermassen verursachten an Häusern, auf den Feldern sowie auf den Strassen «vielfache und bedeutende Schäden» und führten zu grossen Überschwemmungen. Am stärksten betroffen von der Katastrophe war der Flecken Zurzach.
Das mächtige Gewitter kam aus Süddeutschland und blieb mehrere Stunden «ortsfest» zwischen Leuggern/Böttstein im Westen, Obersiggenthal/Ennetbaden im Süden, Böbikon/Lengnau im Osten und Rietheim im Norden. In Zurzach war der Schaden mit einer Summe von mehr als 131 000 Franken am grössten. «Vom Zurzacherberg wälzte sich ein mannshoher Strom durch die Strassen der Ortschaft», schrieb das Badener Tagblatt. Und weiter:
«Er führte zentnerschwere Steine, Bäume und Baumstrünke mit sich, die die Strassen aufrissen.»
Insbesondere die Erdgeschosswohnungen standen im heutigen Bad Zurzach unter Wasser, sodass die Möbel in den Häusern umher schwammen. Die Maschinen einer Buchdruckerei wurden komplett zerstört, die Schuhe des Schuhladens wurden auf die Strasse geschwemmt und der Dorfbrunnen beim Hotel Sternen verschwand in der Wasserflut. In einer Wirtschaft mussten die Leute auf die Tische fliehen.
Ein Ladeninhaber konnte die Türe seines Geschäfts nicht mehr öffnen. Das Wasser stand ihm bereits bis zur Brust, als die Hausbewohner die Türe einschlugen und ihn retteten. Ein Mann des obersten Hauses sei Hunderte von Metern mitgerissen worden, habe aber gerettet werden können.
Weniger Glück hatte jedoch ein Familienvater und Feuerwehrmann aus Rekingen. Beim Versuch, seinen Nachbarn in Not zu helfen, wurde er von den reissenden Fluten in den Rhein hinaus getragen, wo er ertrank. Mehrere Häuser stürzten ein oder wurden beschädigt, da sich der Rekinger Dorfbach durch die Wassermassen von zwei auf dreissig Meter verbreiterte.
Das Ufer wurde an mehreren Stellen weggespült, insbesondere unterhalb des Pumpwerkes der Sodafabrik. Der gähnende Abgrund musste mit rund 600 Kubikmetern Material wieder aufgefüllt werden.
Besonders grosse Schäden verzeichnete auch Oberendingen mit einer Schadensumme von rund 100 000 Franken. Ein Bub konnte im Dorf in letzter Sekunde aus dem Wasser gerettet werden. Über 70 Keller wurden überschwemmt, zahlreiche Läden und Geschäfte standen unter Wasser. Das Getreide der Mühle und die Vorräte der Wirtschaften wurden zerstört. Im Unterendingen, mit dem Oberendingen 2014 fusionierte, wurde «das Wasserreservoir vom Berg ins Dorf getragen».
Das war nur eine der zahlreichen «Hiobsbotschaften» aus den Gemeinden, die das Badener Tagblatt zwei Tage nach dem Unwetter vermeldete:
«Blühendes Land ist zur Wüste geworden; Hoffnungen sind vernichtet und zahlreiche glückliche Arbeitsexistenzen sind zerstört.»
Sonntag um 9 Uhr habe in Zurzach eine Besprechung zwischen Gemeindevertretern der Bezirke Zurzach sowie Baden und dem Regierungsrat stattgefunden. Dieser beschloss noch vor Ort Hilfsmassnahmen. Bis Dienstag wurden die Keller und Wohnräume mit sogenannten Motorspritzen aus Aarau und Zofingen ausgepumpt. Die unterbrochenen Strassen- und Zugverbindungen konnten Tage später wieder geöffnet werden.
Eine Hilfsaktion wurde ins Leben gerufen mit der Bitte an die «lieben Miteidgenossen», ihre «Herzen zu öffnen», um das Unglück der heimgesuchten Zurzibieter Bevölkerung zu lindern. Auch der Kanton beschloss, «einen namhaften ausserordentlichen Betrag an die Tilgung der Schaden sowohl an öffentlichen Anlagen wie auch der Verluste von Privaten zu leisten».
Das Badener Tagblatt rechnete kurz nach der Katastrophe allein im Flecken Zurzach mit Schäden in der Höhe von einer halben Million Franken. Nachdem die Betroffenen ihren Schaden bei den Kanzleien angemeldet hatten, zeigte sich, dass dieser Betrag der Schadenssumme des gesamten Unwettergebiets entsprach.
Dank diverser Hochwasserprojekte des Kantons wie des Surbtaler Rückhaltebeckens ist man heute besser gegen solch heftige Unwetter gewappnet.