Trotz wiederholter Aufforderung durch einen Reservatsaufseher habe sich ein Rentner geweigert, am Klingnauer Stausee seinen Hund anzuleinen. Für das Bezirksgericht war die Beweislast zu dünn.
«Mit allem Respekt Herr Gerichtspräsident, das ist eine Riesenverwechslung», erklärte der Beschuldigte gegenüber Bezirksgerichtspräsident Cyrill Kramer. «Ich bin mir bewusst, dass es dort eine Leinenpflicht gibt. Ich habe sie jedoch noch nie missachtet.»
Vorgeworfen wurde dem Rentner mehrfache Übertretung des Jagdgesetzes, weil er im Reservatsgebiet des Klingnauer Stausees seinen Hund nicht an der Leine geführt haben soll. Im März 2020, so die Anklage, sei er durch einen Reservatsaufseher auf die Leinenpflicht hingewiesen worden, hätte aber das Anleinen des Hundes verweigert und sei weitergegangen.
Im Dezember 2020 sei der Beschuldigte mit dem nicht angeleinten Hund trotz Hinweis auf die Leinenpflicht unbeeindruckt weitergegangen. Im Februar des vergangenen Jahres schliesslich habe er beim Parkplatz den Hund nicht angeleint gehabt, obwohl dort Leinenpflicht gelte.
Auf den Hinweis hin, sei er wütend geworden und weitergegangen. Anhand des Kontrollschildes seines Autos war der Hundehalter eruiert, angezeigt und zu einer Busse von 500 Franken verurteilt worden. Er erhob Einsprache. Und so trafen sich der Hundehalter und zwei Reservatsaufseher – als Zeugen – vor Gericht.
Im Normalfall würden sie fehlbare Hundehalter über die Leinenpflicht informieren, erklärten die Zeugen. Im Wiederholungsfall würde eine Verwarnung ausgesprochen. Bei einem weiteren Verstoss erfolge eine Anzeige. «Gott sei Dank habe ich im Laufe meiner Tätigkeit nicht so oft eine Anzeige machen müssen», sagte der eine Aufseher. Beide Zeugen bestätigten, dass es sich beim Beschuldigten um die fragliche Person handeln würde. «Ich habe die beiden Herren in Februar vergangenen Jahres erstmals gesehen», betonte der Beschuldigte.
«Ich habe nicht einmal gewusst, was die machen. Es ist eine Verwechslung. Ich hatte erst gemeint, dass es sich bei der Vorladung zur Einvernahme bei der Polizei um einen Jux handle. Von früheren Begegnungen weiss ich nichts .»
Er gehe seit 40 Jahren mit seinen Hunden an den Stausee, erklärte er und zog eine dünne Aufrollleine aus der Jacke. «Ich habe diese Leine immer in der Tasche. So kann ich frei gehen.» Er wisse nicht, was die Herren gesehen haben wollen. Er wusste nicht, was die von ihm wollten. «Es herrschte Lockdown. Deshalb wollte ich nicht reden», so der Beschuldigte weiter. Auf die Frage, weshalb denn der eine Aufseher einen Grund gehabt haben sollte, ihn anzuzeigen, meinte der Hundehalter: «Er muss mich verwechselt haben. Ich habe ihn vorher nie gesehen.»
Die Verteidigerin beantragte Freispruch unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Staatskasse. Sie äusserte Zweifel an den Aussagen der Zeugen, vor allem zu den ersten beiden Vorfällen. «Die Zeugen erinnern sich offensichtlich nur an den dritten Vorfall», stellte sie fest. «Es gibt keinen Beweis, dass es sich um den Beschuldigten handelte.»
Zum dritten Vorfall machte sie geltend, dass die Aussagen der Zeugen über den Standort ihres Mandanten auseinandergehen würden. Auch fehle es an einer Grundlage für die Behauptung, dass der Hund nicht angeleint gewesen sei. Zudem befinde sich der Parkplatz ausserhalb des Schutzgebietes. Der Richter folgte den Anträgen der Verteidigung und sprach den Hundehalter von Schuld und Strafe frei. «Es gibt wenig Aussagen zum Beschuldigten selber», so Gerichtspräsident Kramer. «Es sind keine Personalien aufgenommen worden. Letztlich ist es zweifelhaft, ob es sich um den Beschuldigten handelte.
Einzig beim dritten Vorfall ist klar, dass es zu einer Begegnung gekommen ist. Es ist aber nicht erstellt, dass der Hund nicht angeleint war. Auch stimmen die Aussagen der Zeugen zum Standort des Beschuldigten nicht überein. Es gibt letztlich keine rechtsgenüglichen Beweise, die für einen Schuldspruch ausreichen würden.»