Zusammenschlüsse von Gemeinden sind eine emotionale Angelegenheit: Was aber bringen sie der Bevölkerung langfristig? Zurzach startet am 1. Januar 2022.
Es ist bis heute die radikalste und Aufsehen erregendste Gemeindefusion der Schweiz: 2006 wurden im Kanton Glarus 25 Gemeinden zu nur noch 3 zusammengeschlossen. 2011 trat die Fusion in Kraft. Die Befürworter argumentierten damals, die historischen Gemeinden seien oft zu klein. Deshalb sei das staatliche Angebot nur mit hohen Kosten bereitzustellen. Zudem bekundeten Gemeinden oft Mühe, Personen ehrenamtlich für Gemeindeaufgaben zu rekrutieren.
Die Frage, die sich stellt: Können die hohen Erwartungen in einem Zusammenschluss tatsächlich erfüllt werden? Verschiedene Studien kamen jeweils zu einem ähnlichen Ergebnis: Die Versprechungen, die im Vorfeld gemacht werden, können nicht eingehalten werden. Im Fall von Glarus fällt das Ergebnis bisher ebenfalls bescheiden aus. Die wirtschaftlichen Vorteile der Gemeindefusionen sind gering und häufig sogar inexistent. Sie können somit nur schwerlich als gewichtiges Argument für Gemeindezusammenschlüsse dienen.
In einigen speziellen Bereichen fanden die Autoren zwar geringe Ersparnisse – diese gingen jedoch weitgehend auf die mit der Gemeindereduktion einhergehende Reorganisation zwischen Kanton und Gemeinden zurück. Sie wären daher auch ohne die Fusion möglich gewesen. Ein weiterer, wichtiger Indikator am Beispiel von Glarus zeigt, dass sich die emotionale Verbindung zum Wohnort vermindert hat, was sich auch an der Abnahme der Stimmbeteiligung widerspiegelt.
Der Weg zur Fusion im Zurzibiet:
Während in Glarus die Fusion von Beginn weg umstritten war und sogar ein juristisches Nachspiel zur Folge hatte, stand die Mehrheit der Zurzibieter Fusionsgemeinden dem Projekt offen gegenüber. Beobachter zollen den Verantwortlichen Lob, dass sie es geschafft hätten, die Bevölkerung von Beginn weg ins Boot zu holen und aktiv zu beteiligen. Reto S. Fuchs, ehemaliger Ammann von Bad Zurzach und Leiter der Umsetzungskommission, bestätigt:
«Wir haben es mit der Fusion geschafft, viele Leute zusammenzuführen und den Dorfstammtisch wieder zu beleben.»
Dieses positive Klima schlug sich auch an der Urne nieder: Die Stimmbevölkerung der acht Fusionsgemeinden stimmten dem Zusammenschluss mit über 70 Prozent zu.
Reto S. Fuchs fasst den grossen Zuspruch wie folgt zusammen: «Dass die Fusion zustande gekommen ist, lag auch daran, dass wir der Bevölkerung eben keine exorbitanten Versprechen gemacht haben.» Andi Meier, der erste Ammann der neuen Gemeinde Zurzach ergänzt, dass er der Aufgabe mit grossem Respekt begegne. Es sei klar, dass er es nicht allen Menschen recht machen könne. «Wir starten aber auf einem guten Fundament. Nicht zuletzt deshalb, weil wir in unserem Prozess schon sehr weit sind.»
Etwas, dass ihn und sein Team ebenfalls zuversichtlich stimmen dürfte: Auswertungen in Fusionsgemeinden haben ergeben, dass die Bevölkerung trotz Vorbehalten im zeitlichen Abstand die Zusammenschlüsse mehrheitlich nicht bereut hat.