Zurzibiet
Den Waldtieren macht die Trockenheit weniger zu schaffen – warum ihre Mobilität dennoch zum Problem werden könnte

Der Hitzesommer wirkt sich auf den Wald und seine Bewohner im Zurzibiet unterschiedlich aus. Während die Schäden bei den Bäumen besorgniserregend sind, kann zu viel Nässe bei Jungtieren sogar eine Gefahr sein.

Louis Probst
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Die Wildtiere können mit der Trockenheit umgehen. Sie können aber zur Gefahr für landwirtschaftliche Kulturen werden.

Die Wildtiere können mit der Trockenheit umgehen. Sie können aber zur Gefahr für landwirtschaftliche Kulturen werden.

Marianne Jeker

«Den Hitzesommer 2003 haben die Bäume noch verkraftet. Der extrem trockene Sommer 2018 und der ebenfalls trockene Sommer 2019 haben ihnen aber so stark zugesetzt, dass viele abgestorben sind oder sich, auch nach dem nassen Sommer des vergangenen Jahres, nicht mehr erholen konnten», sagte Förster Oliver Frey, der im unteren Aaretal ein Revier von rund 1250 Hektaren Wald betreut, im Februar gegenüber dieser Zeitung.

Inzwischen sind sechs Monate ins Land gegangen – mit aussergewöhnlich hohen Temperaturen und anhaltender Trockenheit. «Die Niederschläge der letzten Wochen haben zu einer leichten Entspannung der schweizweiten Trockenheit geführt», so die Informationsplattform drought.ch. «Die Abflüsse sind aber vielerorts noch klar unterdurchschnittlich für diese Jahreszeit.»

Gefahr einer «Borkenkäfer-Explosion»

«Dass Bäume jetzt Laub abwerfen, ist eine natürliche Schutzreaktion», erklärt Oliver Frey. «Bereits sind aber schon Schäden durch den Borkenkäfer festzustellen. Das Ausmass der Schäden durch die anhaltende Trockenheit wird sich jedoch erst im nächsten Jahr zeigen. Ich bin überzeugt, dass diese Schäden gross sein werden, falls es im kommenden Frühjahr trocken bleiben sollte. Das könnte dazu führen, dass die Borkenkäfer-Population förmlich explodiert.»

Im Gegensatz zu den Waldbäumen – vor allem den Fichten, Buchen, Weisstannen und den ohnehin oft durch eine Pilzkrankheit geschwächten Eschen – scheinen die Wildtiere des Waldes mit der Trockenheit gut fertig zu werden. «Es ist nicht davon auszugehen, dass die anhaltende Trockenheit grosse Auswirkungen auf die Tierwelt – abgesehen natürlich von den Wasserlebewesen – haben wird», erklärt Erwin Osterwalder von der Sektion Jagd im BVU des Kantons auf Anfrage.

«Wild kann mit Trockenheit umgehen»

«Das Rehwild beispielsweise nimmt ja Wasser vor allem über die Pflanzennahrung und über den Tau auf den Pflanzen auf. Anderseits ist die Trockenheit für Jungtiere – beim Rehwild und vor allem beim Hasen, aber auch bei bodenbrütenden Vögeln – nicht per se schlecht», so Osterwalder. Nässeperioden in den ersten Lebenswochen seien für Jungtiere gefährlicher. Die Wildtiere könnten mit der Trockenheit umgehen. Sie würden aber mobiler, um an Wasser gelangen zu können.

Das zeigte sich am Beispiel eines Rehs, das sich an einer Pfütze einer Wildschweinsuhle gütlich tat und dabei von der Wildtierkamera eines Jägers erfasst worden war.

Wildschweine und Dachse können Landwirtschaftskulturen bedrohen

Ob die Trockenheit zu Änderungen im Verhalten, beispielsweise des Rehwildes und damit zu stärkerem Verbiss am Jungwuchs, führt, lässt sich nicht belegen. Angesichts der trockenen und harten Waldböden dürften aber landwirtschaftliche Kulturen, vor allem milchreifer Mais, noch attraktiver für Wildschweine und auch Dachse werden.

Meister Grimbart scheint überhaupt wenig zimperlich zu sein: Ein Jagdaufseher jedenfalls berichtet vom Anruf eines erzürnten Mannes, dem ein Dachs den gepflegten Rasen umgepflügt hatte, um an die Würmer heranzukommen, die durch das intensive Bewässern an die Oberfläche gekommen waren.

Nach dem Crowdfunding die Pflanzaktion

Die grossen Schäden durch die Trockenheit und den Borkenkäfer im Gebiet Hard in Böttstein hatten Förster Oliver Frey bewogen, eine Hilfsaktion für die betroffenen Privatwaldbesitzer ins Leben zu rufen. Mittels Crowdfunding wurden Mittel für die Wiederanpflanzung gesammelt. «Die Aktion ist inzwischen abgeschlossen», so Oliver Frey. «Sie ist gut gelaufen. Insgesamt sind rund 25'000 Franken gespendet worden. Im kommenden November/Dezember werden an einem Arbeitstag mit der Bevölkerung die Bäume gepflanzt. Und zwar trockenheitsresistente Arten wie Kastanien, Föhren, Linden, Elsbeeren oder Maulbeeren.»