Slam Poet Kilian Ziegler ist als «Entstauber» in den neun Ortschaften unterwegs, die sich am 1. Januar zur Gemeinde Zurzach zusammenschliessen.
Es sei ja eigentlich nicht ein «Zusammenschluss» sondern eher ein «Zusammenanfang», meint Kilian Ziegler in einem seiner rund 3- bis 4-minütigen Filmclips, mit denen er die Fusion von Bad Zurzach, Baldingen, Böbikon, Kaiserstuhl, Mellstorf, Rekingen, Rietheim, Rümikon und Wislikofen zur politischen Gemeinde Zurzach liebevoll auf die Schippe nimmt. Beim Aufzählen schmuggelt er noch New York hinein. «Zom luege, ob der guet ufpasset.»
Als «Entstauber» ist er in den Dörfern unterwegs, die teilweise nur ein paar Hundert Einwohner haben, wirbelt mit Geschichten aus der Vergangenheit Staub auf, bringt aber mit seinen witzigen und ironischen Kommentaren auch frischen Wind in die Kommunen und zeigt deren attraktive Seiten.
Für seine Aktion wurde er von der Gemeinde Zurzach beauftragt, welche den Zusammenschluss in der breiten Öffentlichkeit populärer machen wollte als das bis jetzt der Fall ist. Er sagt:
«Meine Aufgabe ist es, zu zeigen, dass es ein ‹Miteinander› und kein ‹Gegeneinander› werden soll.»
Dabei nimmt er auch uralte Dorffehden aufs Korn. Seine Aufmerksamkeitskampagne umfasst insgesamt 12 Filme, wovon bereits die Hälfte auf Social Media-Kanälen und der Website www.rheintalplus.ch erschienen ist. Dass die Wahl auf den in Olten wohnhaften Wortakrobaten fiel und nicht auf einen Einheimischen, hat gute Gründe: «Man wollte bewusst jemanden engagieren, der nicht zu sehr in das Ortsgeschehen involviert ist und alles mit unverstelltem Blick sieht.»
«Entdeckt» wurde Ziegler von der ortsansässigen Werbeagentur CreaOcchio, die auch bei der Recherche half. Vieles war für den Slam Poeten aber «terra incognita». Besonders begeistert ist er von der hügeligen Landschaft und den vielen Aussichtsplattformen in der Region. Sein Kommentar dazu: «I de neue Gmeind Zurzach besch vou uf de Höchi! Red Bull verleiht Flügel, doch Zurzach verleiht Hügel.» In einer Ausgabe geht es um das Thema «Gross und Klein». Was bedeutet es, wenn Bad Zurzach mit rund 4000 Einwohnenden und Böbikon mit knapp 200 Menschen unter demselben Dach sind?
Eine andere Sequenz widmet er dem Countdown und der Stimmung kurz vor dem Zusammenschluss. Auch da dürfen kleine Seitenhiebe natürlich nicht fehlen. Die Filmchen produziert Ziegler unterwegs mit seinem iPhone und schneidet sie zuhause zusammen. «Alles hat einen sehr handgemachten Charakter und eine komische Note. Das kam bis jetzt beim Publikum gut an.»
Der 36-jährige Kilian Ziegler «entstaubt» nicht nur das Rheintal. Mit seinem abendfüllenden Programm «Geschickt» ist er in der ganzen Deutschschweiz unterwegs und hat nach einer coronabedingten Durststrecke wieder rund drei bis vier Auftritte pro Woche. Zudem wird er für Workshops an Schulen gebucht, nimmt an Slam-Poetry-Wettbewerben teil und schreibt für verschiedene Zeitungen Kolumnen. Die ersten Auftritte hatte er während seines Soziologiestudiums 2008. Seit zehn Jahren kann er von seiner Wortspiel-Kunst leben und verfolgt damit ein schlichtes und gleichzeitig anspruchsvolles Ziel: «Ich will die Leute zum Lachen bringen».