Porsche GT4 RS
Der grosse Spagat

Der 718 Cayman GT4 RS ist eines der extremsten Autos von Porsche – und zeigt, wie vielseitig ein Hersteller inzwischen sein muss.

Philipp Aeberli Jetzt kommentieren
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Der Porsche 718 Cayman GT4 RS ist für die Rennstrecke optimiert, macht aber auch auf der Strasse Laune.

Der Porsche 718 Cayman GT4 RS ist für die Rennstrecke optimiert, macht aber auch auf der Strasse Laune.

Bild: zVg

Die Marschrichtung ist klar: Die CO2-Emissionen aus dem Strassenverkehr müssen sinken. Das heisst für die Hersteller, dass sie ihr Modellangebot neu aufstellen müssen. Das gilt auch für Sportwagenhersteller Porsche. Hier scheint die Aufgabe noch schwieriger zu sein, schliesslich fusst ein grosser Teil der Markenhistorie auf dem legendären Sechszylinder-Boxermotor.

Trotzdem hat es Porsche geschafft, mit dem Taycan ein E-Auto auf den Markt zu bringen, das bei der Kundschaft gut ankommt und sich inzwischen besser verkauft als der Sportwagenklassiker 911. Den Verbrennungsmotor will man aber so schnell nicht aufgeben. Zu gross ist die Fangemeinde – und für eine Marke wie Porsche ist diese durchaus wichtig. Gerade bei den besonders sportlichen GT-Modellen legt der Hersteller grossen Wert darauf, Autos «für die Fans» zu bauen. Jüngstes Beispiel: der 718 Cayman GT4 RS. Die bislang wildeste Ausbaustufe der Mittelmotor-Baureihe, die 1996 mit dem Boxster gestartet wurde. Der Roadster und das dazugehörige Coupé, der Cayman, standen immer etwas im Schatten des legendären 911. Preislich und natürlich auch in Sachen Leistung blieb die Rangordnung immer klar – mit einem Respektabstand zugunsten des 911.

Der Heckflügel im "Schwanenhals-Design".

Der Heckflügel im "Schwanenhals-Design".

Bild: zVg

Nun darf der Cayman endlich aus dem Vollen schöpfen. Als GT4 RS kriegt er das, was sich viele Fans schon lange wünschten: den Motor aus dem 911 GT3. Ein Triebwerk, das in fast unveränderter Form auch im Rennwagen 911 GT3 Cup zum Einsatz kommt. Eine Einzeldrosselklappen-Anlage sorgt für messerscharfes Ansprechen, ein starrer Ventiltrieb ermöglicht eine maximale Drehzahl von 9000 U/min. Mehr Rennsport ist in einem Strassenauto kaum möglich. So kommt der Saugmotor, auch das ist inzwischen eine Seltenheit in der Automobilwelt, auf 500 PS und 450 Nm Drehmoment. Obwohl das 10 PS weniger sind als im GT3, wurde der Motor nicht bewusst gedrosselt. «Der Unterschied entsteht durch die längere Abgasanlage. Ein Saugmotor reagiert hier sehr empfindlich», erklärt Projektleiter Markus Atz. Der Unterschied dürfte aber ohnehin kaum spürbar sein, denn dank einem Leergewicht von nur 1415 kg und einer verkürzten Getriebeübersetzung beschleunigt der GT4 RS mit enormem Druck. Und untermalt von reinstem Rennsport-Klang.

Selbstverständlich hält auch das jüngste GT-Modell alle geltenden Geräuschvorschriften ein. Von aussen ist der Klang zwar präsent, aber nicht provozierend laut. Doch während die meisten Autos darauf optimiert werden, das Motorgeräusch im Innenraum möglichst wegzudämmen, ist im GT4 RS das Gegenteil der Fall. Denn da, wo beim Basismodell kleine Seitenscheiben verbaut sind, sitzen beim «RS» Lufteinlässe, über welche der Motor seine Verbrennungsluft ansaugt. Und zwar direkt an den Ohren der Passagiere vorbei durch einen Luftfilter-Kasten hinter den Sitzen. «So ist zum ersten Mal bei einem GT-Modell ein Teil des Motors von aussen sichtbar», erklärt Atz.

Für den einzigartigen Klang im Innenraum sorgt das neue Ansaugsystem.

Für den einzigartigen Klang im Innenraum sorgt das neue Ansaugsystem.

Bild: zVg

Für den GT4 RS wurde das Fahrwerk mehr in Richtung Rennsport getrimmt. Der Renner liegt im Vergleich zum bisherigen Topmodell um 30 Millimeter tiefer – und ist deswegen auch mit einem Liftsystem zu haben, um Bordsteine und Temposchwellen schadlos zu erklimmen. Das Fahrwerk lässt sich in zahlreichen Parametern auf Fahrstil und Strecke abstimmen und generiert zusammen mit rennstreckenoptimierten Reifen enormen Grip, was durch die Aerodynamik-Anbauteile weiter unterstützt wird. Auffällig ist vor allem der von oben aufgehängte Heckflügel. Die Schwanenhals-Technik sorgt für einen saubereren Luftfluss auf der Unterseite des Flügels, sodass der «RS» 25% mehr Anpressdruck generiert als der GT4. All das sorgt für ein beeindruckendes Fahrverhalten. Der GT4 RS gibt sich auch bei hohem Tempo auf der Rennstrecke leicht beherrschbar, perfekt ausbalanciert und enorm präzise. Er vermittelt viel Vertrauen, auch weil die gut belüftete Bremsanlage, auf Wunsch mit Carbon-Keramik-Scheiben, erbarmungslos und ausdauernd zupackt. Die Hauptrolle spielt aber zweifellos der Motor mit seiner Drehfreude und seinem Klang. Dieser macht das Zusammenspiel von Tausenden von Einzelteilen direkt erlebbar. Ein Erlebnis, das sich am ehesten mit der Faszination für mechanische Uhrwerke vergleichen lässt. Doch wie passt das noch in die heutige Zeit? Zum einen kann man den GT4 RS als Hommage an den Verbrennungsmotor sehen, denn die nächste Cayman-Generation wird mit E-Antrieb auf die Strasse rollen. Zum anderen kann er auch als Werbeträger für eine andere Form nachhaltiger Mobilität gesehen werden. Denn für die Testfahrten wurde der Sportwagen mit Biokraftstoff, hergestellt aus Zuckerrüben-Abfällen, betankt. Und schon bald will Porsche auch synthetischen Treibstoff aus Windenergie in Chile produzieren. So kann der lokal produzierte Strom für E-Autos genutzt werden, mit der auswärtigen Windenergie können bestehende Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ebenfalls CO2-neutral betrieben werden.

Sportliche Schalensitze und Vierpunkt-Gurte gibt es ab Werk.

Sportliche Schalensitze und Vierpunkt-Gurte gibt es ab Werk.

Bild: zVg

Porsche 718 GT4 RS

Motor: B6, 3996 ccm

Leistung: 500 PS/450 Nm

Antrieb: Aut. 7-Gang, RWD

L×B×H: 4456×1822×1267 mm

Kofferraumvolumen: 125+136 l

Gewicht: 1415 kg

0–100 km/h: 3,4 Sek.

Vmax: 315 km/h

Verbrauch WLTP: 12,3 l/100 km

Preis: ab 176 900 Franken

Auf Wunsch werden Navi und Audiosystem ausgebaut um Gewicht zu sparen.

Auf Wunsch werden Navi und Audiosystem ausgebaut um Gewicht zu sparen.

Bild: zVg
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