Polizei-Spion
Baschi Dürr ermittelt gegen seine Polizeileitung

Der mutmassliche Basler Polizei-Spion Y. wird freigestellt und festgenommen – nun übernimmt ein externer Experte die Untersuchung.

Benjamin Rosch
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Regierungsrat Baschi Dürr greift zu ungewöhnlichen Massnahmen.

Regierungsrat Baschi Dürr greift zu ungewöhnlichen Massnahmen.

Archiv/Martin Töngi

Die Affäre um den mutmasslichen Spitzel im Korps erreicht die nächste Eskalationsstufe: Justizdirektor Baschi Dürr (FDP) lässt seine Polizeileitung durch einen externen Rechtsexperten untersuchen. Es ist ein so ungewöhnliches Vorgehen, dass sich dessen Ankündigung im Zusammenhang mit der Kritik, die in den vergangenen Tagen auf die Basler Polizei einprasselte, wie ein Misstrauensvotum gegen Polizeikommandant Gerhard Lips liest.

Im Fokus stehen die Ereignisse vom Sommer 2016. Damals wurde der kantonale Nachrichtendienst auf den Polizisten Y. aufmerksam, der sich im Netz als Pro-Erdogan-Aktivist betätigte. Der alarmierte Nachrichtendienst des Bundes beurteilte dieses Verhalten als kritisch. Er informierte die Polizeileitung. Wie diese Benachrichtigung konkret aussah, steht im Mittelpunkt der Untersuchung. Denn der Unterschied zwischen einer beiläufigen Randnotiz oder einem zehnseitigen Dossier dürfte über die Beurteilung der Polizeileitung entscheiden.

Diese hatte den Departementsvorsteher überhaupt nicht informiert. Stattdessen beschloss sie, «nach einer grösseren Auslegeordnung aufgrund der damaligen Fakten- und Rechtslage keine weitergehenden Abklärungen oder Massnahmen einzuleiten».

Nun nimmt sich Staatsrechtsprofessor Felix Uhlmann der Sache an. «Aufgrund der hohen Brisanz der Vorfälle habe ich eine genaue Prüfung einer unabhängigen Stelle angeordnet», sagte Dürr gestern auf Anfrage.

Man hätte auch einen hauseigenen Juristen mit dieser Expertise beauftragen können, sagt Dürr, «aufgrund der hohen Öffentlichkeit wollten wir aber eine externe Instanz mit einer lückenlosen Aufklärung betrauen». Einen Zeithorizont für Ergebnisse kann er nicht in Aussicht stellen.

Die Ereignisse überschlagen sich

Dürr selbst will dieses Vorgehen nicht als Misstrauensvotum gegenüber seinen Polizeioffizieren und Kommandant Lips verstanden wissen. Trotz Kritik von links und rechts (bz von gestern) sagt er: «Ich bezeichne das Arbeitsverhältnis mit Herrn Lips als gut. Wir arbeiten eng zusammen.» So stand Dürr wohl auch im Kontakt mit Lips, als sich gestern die Ereignisse überschlugen: Erst verkündete die Kantonspolizei, dass sie 3000 Datensätze in verschiedenen Datenbanken überprüft hat, die der Polizist Y. mutmasslich ausserdienstlich durchforstet hatte.

Am Mittwoch führten diese jüngsten Erkenntnisse zu einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft (Stawa). Y. wurde zudem freigestellt. Auf Anfrage teilte Stawa-Sprecher Peter Gill gestern mit: «Umgehend leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Amtsgeheimnisverletzung ein und nahm den betroffenen Mitarbeiter der Kantonspolizei fest.»

Sollten sich Hinweise auf Spionagetätigkeiten konkretisieren, würde auch die Bundesanwaltschaft eingeschaltet. Lips übt sich in Zurückhaltung: «Ich kann verstehen, dass es von aussen nicht einfach nachvollziehbar ist, weshalb wir im Spätsommer 2016 mit Blick auf die damalige Fakten- und Rechtslage zum Schluss gekommen sind, keine weiteren Abklärungen oder Massnahmen zu ergreifen. Dies wird ja jetzt extern abgeklärt, weshalb ich mich im Detail nicht äussere.»

Die politischen Forderungen reissen indes nicht ab. Gestern meldete sich die SVP zu Wort. Sie bezeichnete die mutmassliche Nähe des türkischstämmigen Basler Polizisten zu ausländischen Parteien als «unhaltbar» und verlangte, «dass künftig nur noch Personen mit schweizerischem Bürgerrecht in sicherheitsrelevanten Bereichen des Kantons tätig sein dürfen». Die doppelte Staatsbürgerschaft soll abgeschafft werden.