Die Fakultät wiederholt das Berufungsverfahren für die Nachfolge von Ekkehard Stegemann. Grund dafür: Von 37 Bewerberinnen schafften es nur deren zwei in die Endrunde und haben obendrein kaum Chancen auf eine Wahl.
Das Gespräch hätte Klarheit schaffen sollen. Aber irgendwie kommt es rund um die Theologische Fakultät der Universität Basel nicht zur Ruhe. Denn es sind sich nicht alle Gesprächspartner einig, wie genau jetzt weiter vorgegangen wird mit der Auswahl des Nachfolgers für den abtretenden Professor Ekkehard Stegemann. Und das trotz des gestrigen runden Tischs. Namentlich Lukas Kundert, Kirchenratspräsident der evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, und Martin Wallraff, Dekan an der Theologischen Fakultät, gehen von einem unterschiedlichen Weiterfahren aus.
Grund für das Gespräch war der Missmut, für den die Berufungskommission bei ihrer Auswahl des Nachfolgers gesorgt hatte. Heute nämlich unterrichten neun männliche Professoren an der Theologischen Fakultät – Frauen gibt es keine (die bz berichtete). Die Chance, dass nun eine Frau das Rennen macht, ist erneut gering.
Denn obwohl sich unter den 37 Bewerbern 10 Frauen befinden, sind nur zwei in die engere Wahl genommen worden. Kundert, der als Mitglied der Theologischen Fakultät Einsicht in die Vorgänge im Bewerbungsverfahren hatte, sagte vor Tagen gegenüber der bz, die Liste sei skandalös. Bei den zwei ausgewählten Frauen handle es sich um nicht habilitierte ohne Chance. Eine davon sei gar eine Schülerin eines in der Berufungskommission sitzenden Professors.
Zwei Frauen in der Endrunde
Lukas Kundert ist mit dem gestrigen Gespräch, dem auch Uni-Rektor Antonio Loprieno beiwohnte, sehr zufrieden. Der Bericht der Berufungskommission bleibe nun beim Rektorat eingefroren. «Das Berufungsverfahren zur Nachbesetzung der Professur für Neues Testament wird innerhalb der Fakultät noch einmal eröffnet, und alle 37 Bewerber werden noch einmal geprüft», führt er aus. «Es kann allenfalls noch einmal zu Probelesungen kommen.»
Davon weiss Dekan Wallraff nichts. Er spricht von den sieben Bewerbern, die bereits in der Endrunde sind – darunter sind die von Kundert erwähnten zwei Frauen. Dass allenfalls ein weiterer Kandidat eingeladen werde, sei möglich. Wallraff betont, dass Frauenförderung an der Theologischen Fakultät ausser Frage stehe. Bei den letzten Professuren, für die Nachfolger gesucht wurden, waren zwei Frauen erstplatziert. Dass diese die Stelle nicht angetreten haben, habe die Fakultät nicht zu verantworten gehabt.
Wichtig: Gender-Themen
Zudem liegt Wallraff am Herzen, dass sich die Theologische Fakultät für Gender-Themen sensibilisiert. Dies sei aus historischer und aktueller Sicht sehr wichtig. Der abtretende Professor Ekkehard Stegemann hat sich mit seinem sozialgeschichtlichen Zugriff auf das Neue Testament sowie mit einer weitsichtigen Umgangsweise mit dem Judentum einen Verdienst gemacht.
Laut Wallraff hat Stegemann bisher zu massiv ins Auswahlverfahren seines Nachfolgers eingegriffen. Dies wird jetzt unterbunden. Es könne sein, dass Stegemann befürchte, seine Schule werde in Basel künftig nicht mehr unterrichtet, vermutet der Dekan. Und Lukas Kundert sei insofern involviert, als dass er bei Stegemann doktoriert und habilitiert hat.
Uni-Rektor Antonio Loprieno antwortete gestern auf Anfrage per Mail mit den Worten: «Zusammen mit Martin Wallraff und Lukas Kundert haben wir akkordiert, dass die Fakultät nun das Verfahren zur Besetzung der Professur einer weiteren Reflexion unterziehen wird.» Dabei werde sie sich überlegen, ob die Berücksichtigung anderer Kandidatinnen und Kandidaten angezeigt erscheint. Für Dekan Wallraff ist klar: «Wir brauchen neue Impulse. Und ich finde es absurd, dass die Fakultät jetzt angegangen wird, wo sie eine Frischzellenkur unternehmen möchte.»
Ekkehard Stegemann geht im Dezember in Pension. Steht bis dahin noch keine Neubesetzung des Lehrstuhls fest, ist das nicht weiter schlimm, sagt Kundert. «Es ist nicht aussergewöhnlich, wenn nach einer Pensionierung ein Lehrstuhl eine Weile vakant ist.»