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80 Jugendliche erlebten am Freitag im Basler Parlament hautnah, wie die Schweizer Demokratie funktioniert.
«So still habe ich es im Grossratssaal noch nie erlebt», eröffnet Regierungsrat und Erziehungsdirektor Conradin Cramer das Simulationsspiel Politik-Macht-Gesetz schmunzelnd. Ihm gegenüber sitzen rund 80 gebannt lauschende Jugendliche, herausgeputzt in Anzug und Bluse, bereit für den ereignisreichen Tag. Denn anstelle von französischer Grammatik und mathematischen Gleichungen, stehen heute Debatten, Argumentationen und Abstimmungen auf dem Programm: Die Schüler schlüpfen in die Rollen von Ständeräten, Nationalräten, Lobbyisten und Journalisten.
In der Luft liegt eine gewisse Nervosität, der historische Grossratssaal birgt eine eindrückliche und beinah ehrwürdige Atmosphäre. Cramer beruhigt die Akteure jedoch: «In einem Parlamentsgebäude steht meist einer vorne und spricht, keiner hört zu, und jeder ist anderer Meinung.»
Das Planspiel Politik-Macht-Gesetz, organisiert von der Neuen Helvetischen Gruppe Region Basel, bietet den Jugendlichen eine Chance, Politik hautnah und fern vom Theoriebuch zu erleben. In vorgegebenen Rollen und Interessensgruppen setzen sich die Teilnehmenden anhand der Vorlage «Schutz vor dem Passivrauchen» mit dem Gesetzgebungsprozess der schweizerischen Demokratie auseinander. Dabei werden sie von Politcoaches wie unter anderem SP-Grossrat Mustafa Atici unterstützt und auf die Debatte vorbereitet. Diese müssen die Teilnehmer dann jedoch selbst bestreiten.
Die aktive Teilnahme soll das politische Interesse der Jugendlichen und somit deren Partizipation an der Politik fördern. Denn diese ist zur Zeit sehr gering. Tatsächlich liegt die Stimmbeteiligung bei den 18 bis 25-Jährigen durchschnittlich jeweils unter 30 Prozent. Die Interessen und Meinungen der Jugendlichen sind daher in der Gesellschaft unterrepräsentiert.«Die Partizipation der Jugend ist entscheidend für das Weiterbestehen der Schweiz. Projekte, wie das Planspiel Politik-Macht-Gesetz bieten die Möglichkeit, Politik direkt zu erleben.
Das behandelte Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen bietet dazu ein sehr realitätnahes Beispiel für ein Gesetz, von dem viele Jugendliche aktiv betroffen sind. «Solche konkreten Beispiele aus der Lebenswelt der Jungen tragen dazu bei, dass der Funke überspringt und helfen, das Interesse zu steigern», so Cramer.
Ein Konzept mit Erfolg, wie es scheint. Nach anfänglichen Schwierigkeiten beginnen die Diskussionen und Debatten zu laufen. Auch in den Pausen wird fleissig nach weiteren Argumenten und Überzeugungsmöglichkeiten gesucht. Dabei laufen gewisse Teilnehmer zu Höchstform auf. So auch Tobias Vogel, der als Journalist die Aufgabe hat Kommentare und Positionen zu sammeln. «Es läuft super, und es macht mir grossen Spass. Zwei Verbände sind auch bereits auf mich zugekommen und wollten ihre Statements abgeben. Dies führte bereits zu spannenden und intensiven Diskussionen», so der 18-jährige Gymnasiast.
Etwas ruhiger geht es eine Gruppe von Schülern aus dem Gymnasium Leonhard an. «Es ist auf jeden Fall interessant. Es ist jedoch etwas komisch nicht die eigene Meinung, sondern die Meinung der Rolle zu vertreten», erklärt Megan Schweizer. Lucas Reinberg, Schüler des Gymnasium Muttenz und heute Lobbyist des Arbeiterverbands sieht darin jedoch einen grossen Vorteil: «Durch die vorgegebene Rolle bin ich gezwungen Argumente zu suchen, die meiner Meinung nicht hundertprozentig entsprechen.
Dies ist sehr lehrreich. Man lernt Argumente zu finden, die gut durchdacht sind, und somit auch generell in einer Diskussion überzeugen.» Dies tut Reinberg mit Erfolg. Während der Vernehmlassungsphase bringt er seine Argumente für das Gesetz professionell und souverän ans Publikum. Seiner Meinung wird zugestimmt.
Am Ende des Tages entscheidet sich das Parlament mit 40 zu 20 Stimmen zur Annahme des Gesetzes. Dieses wurde jedoch bedeutend modifiziert und beinhaltet zahlreiche Ausnahmeregelungen.