Dem EU-Parlament droht durch den mutmasslichen Korruptionsskandal im Zusammenhang mit Katar ein riesigen Vertrauensverlust. Orban, Putin und andere Autokraten reiben sich die Hände.
Ausgerechnet das EU-Parlament, das sich als Vorkämpfer für Rechtsstaatlichkeit und Transparenz versteht, wird jetzt von einem Korruptionsskandal erschüttert. Mit ganzen Säcken voller Geld sollen die Katarer EU-Abgeordnete bis an die Parlamentsspitze bestochen haben. Wenn alles stimmt, was bis jetzt in den Medien bekannt ist: Der Rufschaden wäre gigantisch.
Das ist zusätzlich gravierend, als das EU-Parlament seit je her mit einem Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen hat. Als aufgeblähtes, mit drittklassigen Politikern besetztes «Plauderparlament» wird es von Kritikern verschrien. Wer wird es nun noch ernst nehmen, wenn es wieder einmal die Vetternwirtschaft in Viktor Orbans Ungarn kritisiert? Genau: niemand.
Russlands Präsident Wladimir Putin und alle anderen Autokraten dieser Welt können sich die Hände reiben. Dass im Westen und im Speziellen in Brüssel alles Heuchler sitzen, sagen sie schon lange.
Aber, wo es Menschen gibt, gibt es Gier und jene, die sie sich ihr zu Nutze machen. Auch in der Schweiz stürzte schon ein beinahe Bundesratskandidat über Luxusreisen in den Nahen Osten. Entscheidend ist, dass solche Machenschaften auffliegen.
Will das EU-Parlament Vertrauen zurückgewinnen, reicht es nicht, nur für Transparenz zu sorgen. Im Brüsseler Lobby-Dschungel bräuchte es Regeln, damit sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen können. Denn mit ihren moralischen Selbstansprüchen bewegen sich die EU-Volksvertreter in einem besonders durchsichtigen Glashaus.