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Die «Schande von Washington» hat die USA erschüttert. Auf Twitter sagte Arieh Kovler die Ereignisse schon am 21. Dezember voraus - indem er fleissig Beiträge von Trump-Fans in Online-Foren las.
Am 21. Dezember 2020 setzte Arieh Kovler eine Reihe von Tweets ab: «Bewaffnete Trump-Milizen werden sich auf Trumps Aufruf hin in Washington versammeln. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie versuchen werden, das Kapitol zu stürmen. Ich glaube nicht, dass das schon überall beachtet wird.» Am 6. Januar 2021 wurden seine Vorhersagen Realität: Die gewaltsame Erstürmung des US-Parlamentsgebäude schockierte die Vereinigten Staaten und den Rest der Welt.
On January 6, armed Trumpist militias will be rallying in DC, at Trump's orders. It's highly likely that they'll try to storm the Capitol after it certifies Joe Biden's win. I don't think this has sunk in yet.
— Arieh Kovler (@ariehkovler) December 21, 2020
Wer ist der Mann, der das Ereignis vorausgesehen hat? Arieh Kovler ist Publizist, PR- und Kommunikationsexperte. Auf seiner persönlichen Website bezeichnet er sich als «professioneller Generalist», der komplizierte Themen so zu erklären versucht, damit sie möglichst viele Leute verstehen.
Seine erstaunlich präzise Voraussage basiert auf einer minutiösen Beobachtung auf Diskussionen von Trumps fanatischsten Anhängern in Online-Foren. Und in diesen Foren löste ein Tweet von Donald Trump vom 18. Dezember fieberhafte Diskussionen aus.
Darin verwies Trump auf einen Bericht seines Wirtschaftsberaters Peter Navarro, in dem dieser angebliche «statistische Beweise» für einen Wahlbetrug zugunsten seines demokratischen Widersachers Joe Biden auflistet: «Grosser Protest in Washington am 6. Januar. Seid da, seid wild!» schrieb der US-Präsident auf Twitter.
Peter Navarro releases 36-page report alleging election fraud 'more than sufficient' to swing victory to Trump https://t.co/D8KrMHnFdK. A great report by Peter. Statistically impossible to have lost the 2020 Election. Big protest in D.C. on January 6th. Be there, will be wild!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) December 19, 2020
In den Diskussionsforen begannen Trumps Anhänger, die Bedeutung dieser Aufforderung zu diskutieren. Wie Kovler mit Screenshots aus Pro-Trump-Foren minutiös belegte, war für viele von ihnen klar: Der Präsident ruft seine Anhänger per Twitter dazu auf, ihm beizustehen, um vom Kongress trotz Wahlniederlage zum Präsidenten erklärt zu werden: «Das ist ein Marschbefehl des obersten Befehlshabers», schrieb ein User im Forum.
They see it as a "marching order". And some are preparing to storm the Capitol to stop the certification. They genuinely believe they are doing it on Trump's orders. pic.twitter.com/vMleDtKJTz
— Arieh Kovler (@ariehkovler) December 19, 2020
Rasch wurde diskutiert, ob man dabei Waffen tragen soll oder nicht: «Will Daddy (so wird Trump im Forum genannt), dass wir bewaffnet kommen oder nicht?» Für eine Mehrheit war die Antwort ein klares Ja.
Trump supporters are planning on being heavily armed in DC on Jan 6, to "arrest" Congressmen who accept Biden's victory or just to intimidate. pic.twitter.com/TTiApcmcOh
— Arieh Kovler (@ariehkovler) December 19, 2020
Im Vorfeld des 6. Januar wurden die Diskussionen immer konkreter. Im Forum wurden Karten der unterirdischen Gänge des Kapitols geteilt und über Exekutionen von Abgeordneten fantasiert. Dazu kam es nicht, doch starben im Zusammenhang mit den Ausschreitungen vier Personen. Die Polizei konfiszierte mindestens 13 Waffen und fand mehrere improvisierte Sprengkörper.
Trotz Kovlers Vorhersage sagte der Polizeichef von Washington am Donnerstag, es habe im Vorfeld keine Hinweise auf einen Sturm des Kapitols gegeben. Kovler meinte gleichentags in einem Interview mit «GQ»: «Nach dem, was ich im Vorfeld gesehen habe, hätte es noch viel schlimmer herauskommen können.»