Die New Yorker Staatsanwältin Letitia James will Trump wegen mutmasslich betrügerischen Tätigkeiten seiner Firma vor Gericht zerren. Trumps Ausweg: eine erneute Präsidentschaftskandidatur.
Donald Trump liebt öffentliche Auftritte. Auch im noch jungen Jahr hat er bereits wieder eine seiner stundenlangen «Rallyes» veranstaltet (in Florence, Arizona) und sich über den angeblich «25 Meilen langen Stau» vor den Toren des Events gefreut. Auf einen Auftritt aber würde der 75-jährige Republikaner liebend gerne verzichten: jenen vor den Richtern in seiner New Yorker Heimat.
Genau dahin aber will ihn die New Yorker Staatsanwältin Letitia James jetzt zerren. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat die 63-Jährige bekannt gegeben, dass sie «signifikante Beweise» für die mutmasslich betrügerischen Aktivitäten von Trumps Firma «Trump Organization» gesammelt habe. Konkret habe die Firma falsche Angabe über den Wert ihrer Immobilien gemacht, um Steuern zu sparen und höhere Kredite zu erhalten.
James will jetzt sowohl den Ex-Präsidenten als auch seine beiden ältesten Kinder Donald Trump Junior und Ivanka Trump unter Eid aussagen lassen. Donald Trump seinerseits bezichtigt die Staatsanwältin der «Hexenjagd». Erst vor kurzem reichte er selber eine Klage gegen die Demokratin ein, die bloss aus reinem Eigennutz einen «politischen Konkurrenten angreifen und blossstellen» wolle.
Ganz so sicher ist sich Trump seiner Sache aber offensichtlich nicht. Mehrere politische Kommentatoren glauben, dass Trump sich vor dem potenziell strafrechtlichen Verfahren retten will, indem er noch einmal nach dem höchsten Amt des Landes greift. Als amerikanischer Präsident wäre er immun gegen Strafverfolgung. Ein entsprechendes Immunitätsgesetz gilt in den USA seit 1973. Es schützt Präsidenten zwar nicht vor zivilrechtlicher, aber vor strafrechtlicher Verfolgung. Und die jüngsten Aussagen von Letitia James zu den «konkreten Beweisen» deuten an, dass Trump durchaus strafrechtlich belangt werden könnte.
Das verleitete die Trump-Kennerin und «New York Times»-Journalistin Maggie Haberman auf Twitter zur Aussage:
Any question of whether Trump runs seem to have been answered this morning. His aides have always signaled that if the investigations progressed that he would run for president again https://t.co/U3d38HyJkZ
— Maggie Haberman (@maggieNYT) January 19, 2022
«Jetzt besteht kein Zweifel mehr daran, ob Trump noch einmal antritt oder nicht. Seine Berater haben immer gesagt, dass er noch einmal als Präsident kandidieren werde, wenn die Untersuchungen gegen ihn voranschreiten.»
Der CNN-Journalist Jim Sciutto sieht das ganz ähnlich. Trump glaube, er sei vor Strafverfolgung sicher, solange er als Politiker kandidiere, sagt Sciutto. Das erlaube es ihm, sämtliche Vorwürfe der Justiz als politische Kampagnen abzutun.
Ein weiterer Grund, der Trump zurück auf die politische Bühne drängen dürfte, ist der am Mittwoch getroffene Entscheid des Supreme Courts, dem höchsten Gericht der USA. Die neuen Richter halten fest, dass das amerikanische Nationalarchiv nicht länger daran gehindert werden dürfe, die Aufzeichnungen und Dokumente über Trumps Aktivitäten am 6. Januar 2021, dem Tag des Sturms auf das Kapitol, zu veröffentlichen. Die Dokumente könnten Trump in der laufenden Untersuchung zu seiner Rolle am verhängnisvollen Tag stark belasten.