Albert Lee gehört zu den weltbesten Gitarristen, der grosse Ruhm blieb ihm aber verwehrt. Kommenden Mittwoch kann man den herausragenden Musiker am Fricktaler Bluesfestival bewundern.
«Wenn der heilige Petrus mich über meine Zeit auf Erden ausfragen wird, so kann ich mit Stolz sagen, dass ich für eine Weile die Rhythmusgitarre in einer Band mit Albert Lee gespielt habe», sagt Emmylou Harris über den britischen Gitarristen.
Die Country-Queen ist nicht die einzige Bewunderin seiner Kunst. Auch die Gitarren-Götter Jimmy Page, Eric Clapton, Ritchie Blackmore und Steve Morse gehören zu den erklärten Fans des Saiten-Akrobaten. Gerade unter Gitarristen geniesst Albert Lee einen exzellenten Ruf, weshalb man ihn auch «Guitar Player’s Guitar Player» nennt.
Zweimal (2001 und 2007) gewann Albert Lee einen Grammy und gehört weltweit zu den besten Gitarristen. Er ist ein Gigant, ein heimlicher Gigant. Das Einzige, was ihn von den gefeierten Gitarren-Helden unterscheidet, ist seine Bescheidenheit. Er ist ein zurückhaltender Gitarrist, der sich in den Dienst der Musik stellt und nicht in den Vordergrund drängt. Die Bedeutung des Wortes «Ego» sei ihm völlig fremd, meint dazu Jimmy Page.
Was Albert Lee so einzigartig macht, ist seine spezielle Gitarrentechnik, das sogenannte Hybridpicking. Lee, Brad Paisley und Mark Knopfler sind die grössten Könner dieser Spielweise, bei der gleichzeitig ein Plektrum und die restlichen drei Finger (Fingerpicking) benutzt werden, um die Saiten anzuschlagen.
Das erlaubt besonders virtuose, flüssige, prägnant und präzis gespielte Tonfolgen. Im Gegensatz etwa zu Eric Clapton oder Carlos Santana hält Lee die Noten also nicht lange aus. Eine weitere Spezialität von Albert Lee ist das sogenannte B-Bending. Eine Technik, die es der Gitarre ermöglicht, wie eine Pedal-Steel-Gitarre zu klingen.
Albert Lee ist 1943 geboren und wuchs in London auf. Musikalisch sozialisiert mit Rock and Roll, Country-Music, Skiffle und Rhythm and Blues der 50er-Jahre verliess er die Schule mit 16 Jahren und wurde Profi-Musiker. Er erlebte den Aufbruch der britischen Szene an vorderster Front und spielte bei The Thunderbirds, der Band von Sänger Chris Farlowe (heute Colosseum).
Ende der 60er-Jahre wurden die Verstärker grösser, die Musik härter und lauter. Lee missfiel diese Entwicklung. Er wollte sie nicht mitmachen, zog in die USA, wurde ein gefragter Studiomusiker und bewegte sich stilistisch Richtung Country und Country-Rock.
Nach den legendären Aufnahmen mit Rock’n’Roller Jerry Lee Lewis in London 1973 schloss er sich den Crickets an, der Band des 1959 tödlich verunglückten Buddy Holly. 1974/75 war er mit Joe Cocker unterwegs, ab 1976 mit Emmylou Harris und ab 1979 für fünf Jahre mit Eric Clapton.
Der wohl wichtigste Abschnitt in Lees Karriere war die Zusammenarbeit mit den Everly Brothers. Für das Reunion-Konzert der Country-Legenden 1983 war er als Produzent und musikalischer Direktor verantwortlich und blieb 20 Jahre.
Albert Lee nahm im Laufe seiner langen Karriere etliche Solo-Alben auf, Bestseller wurden sie aber nicht. In der grossartigen britischen Country-Rock-Band Heads Hands & Feet komponierte er 1971 mit «Country Boy» einen Welthit, den er auch selbst singt. Die Band löste sich aber nach internen Querelen auf.
Seit 30 Jahren arbeitet Lee mit der Band des Steel-Gitarristen Gerry Hogan und hat unter dem Namen «Albert Lee & Hogan’s Heroes» bis heute sieben Alben veröffentlicht. Unter anderen auch ein Live-Album «In Full Flight! Live at Montreux» 2003.
Inzwischen 73 Jahre alt, ist Albert Lee immer noch mit seiner Band unterwegs. Am nächsten Mittwoch am Fricktaler Bluesfestival kann man den herausragenden Gitarristen bewundern.