Kolumne
Stirbt der Journalismus? Ich mag nicht daran denken

Einblicke – Christian Peter Meier, Leiter Regionale Ressorts bei der Luzerner Zeitung, über den Konzentrationsprozess in der Schweizer Medienbranche und warum er trotzdem weiter motiviert ist, als Journalist zu arbeiten.

Christian Peter Meier
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Nun ist offiziell, was Branchenkenner antizipiert haben: Die «Zentralschweiz am Sonntag» – also die Zeitung, die Sie eben in der Hand halten – wird es bald nicht mehr geben. Auch wenn deren Leserinnen und Leser künftig am Samstag mit einem attraktiven Ersatzangebot bedient werden, ist es doch offensichtlich: Der so genannte «Konzentrationsprozess» schreitet in unserer Branche unerbittlich voran. Weniger euphemistisch könnte man auch von einer sich beschleunigenden Erosion sprechen. Oder gar bereits von einem «Absturz»?

Vor bald drei Jahrzehnten stand ich an der Weltausstellung in Sevilla im Schweizer Pavillon (Stichwort: «La suisse n’éxiste pas») vor einer eindrücklichen Installation: Diese vereinigte alle Zeitungstitel, die damals in der Schweiz gedruckt wurden. Es waren über 300, wenn ich mich richtig erinnere. Lauter Symbole für unsere Meinungsvielfalt und -freiheit, die gut mit dem zweiten Slogan der Ausstellung korrespondierten: «Je pense, donc je suisse.»

Ich war damals Jungjournalist und bemerkte sofort, dass die Installation zum Zeitpunkt, als ich sie im Sommer 1992 betrachtete, schon nicht mehr ganz aktuell war: Denn von den präsentierten Titeln waren schon damals einige verschwunden. Auch in unserer Region. Es sollte leider nicht bei vereinzelten Bereinigungen bleiben. Seither arbeite ich in einer Branche, die sich von einer Sparübung zur nächsten hangelt, in der die Löhne (bestenfalls) stagnieren, in der eine Fusion auf die nächste folgt – immer schneller und schneller.

Blöd nur, dass ich meinen Job liebe. Nein falsch: Zum Glück liebe ich ihn, diesen Beruf, der mich zwingt, hellwach zu bleiben. Und den ich für ziemlich wichtig halte. Doch zur Freude an meinem Beruf gesellen sich zunehmend existenzielle Sorgen. Was, wenn der echte Journalismus ob all der Mediensurrogate vollends stirbt? Ich mag gar nicht daran denken – und gebe weiterhin mein Bestes. Damit es nie soweit kommen möge.

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