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Leben
Meghan Markle und Prinz Harry brechen endgültig mit royalen Sitten. Und schlachten öffentlich aus, was die Monarchie verschweigen will.
Sie sagt, sie habe Harry nicht mal gegoogelt, als sie sich kennenlernten. Nichts recherchiert zur Royal Family, zu den Gepflogenheiten bei Hof. Sich nicht nach der Etikette erkundigt, nach Hofknicksen und Tischmanieren. Meghan Markle, diese starke, amerikanische Schauspielerin, die in das Leben von Prinz Harry geweht kam, die das Herz des Rebellen zähmte, hatte keine Ahnung davon, was sie als Mitglied der Königsfamilie erwarten würde.
Nun, drei Jahre nach ihrem Eintritt in die royale Welt, sitzt sie in Kalifornien in einem Sessel, in einem über 3000 Franken teuren Kleid, schwanger mit ihrem zweiten Kind, und erzählt Talkshow-Königin Oprah Winfrey, wie es ihr in Grossbritannien ergangen ist.
Harry hält während des ganzen Interviews ihre Hand. Meghan erzählt, wie sie ihren Autoschlüssel abgeben musste. Ihren Pass. Wie für sie, nun ein Mitglied der Königsfamilie, alles geregelt wurde: Wie sie sich zu benehmen hat, anzuziehen, wie sie sprechen soll, mit wem befreundet sein. Sie sagt, sie habe sich eingesperrt gefühlt in einem goldenen Käfig.
Wie hatte sie nur so blauäugig sein können? Hatte sie wirklich nicht gewusst um die Rigidität dieser Institution? Um die unzähligen Regeln, Sitten, Normen. Um die Unverrückbarkeit dieser Idee, dass die Krone über allem steht. Ein Mitglied der königlichen Familie nie Einzelperson, geschweige denn, Privatperson ist. Sondern immer Angestellter und Diener eines Jahrhunderte alten Imperiums, das es zu schützen gilt, koste es, was es wolle.
Ein Imperium opfert. Dicke Mauern schweigen. Wo Macht ist, da ist auch immer Verrat.
Dachte Meghan, sie könne alles ändern? Dachte sie, sie komme schon klar? Dachte sie, es sei eine weitere Runde Showbiz, analog zum Set der amerikanischen Erfolgsserie «Suits», wo sie eine Rechtsassistentin spielt? Dachte sie, es sei nach Aussen hin alles nur Theater, Show für die Masse, im Innersten aber alles so weich und bodenständig wie immer? Sie hätte es besser wissen müssen.
Doch bekanntlich ist man im Nachhinein immer schlauer. Nichts und niemand hätte sie wohl auf ihre Rolle als Royal vorbereiten können. Oder als Freiwild einer Boulevard-Presse, die nichts mehr liebt, als eine schöne, junge Frau fast zu Tode zu hetzen. Das Gleiche ist auch Lady Diana passiert, der Königin der Herzen. Für sie endete die Flucht aus den royalen Fängen tödlich. Harry spricht im Interview mehrmals von seiner Mutter, und er sagt: Er habe auf keinen Fall gewollt, dass sich die Geschichte wiederhole.
Die Geschichte einer Hetzjagd der Medien, weil vergleichsweise wenig so viel Geld bringt wie Klatsch und Tratsch über royale Mitglieder der Familie. Erst recht, wenn man die Geschichten emotional aufladen kann, ein Narrativ entwickelt von Meghan und Kate, der Bösen und der Guten, der Rebellin und der Perfekten. Meghan wurde mit Furore in England begrüsst, war aber vielen eingefleischten Fans von Anfang an auch ein Dorn im Auge. Zu dunkelhäutig, zu amerikanisch, zu feministisch, zu selbstständig. Sie wurde schnell zur Femme Fatale, die ihren Mann Harry vom Weg abbringt. Die ihn zu sehr beeinflusst, zu viel Macht über ihn hat.
Die Flucht nach Amerika, ins Heimatland von Markle, markierte vor rund einem Jahr den geografischen und letztlich auch den familiären Bruch mit der royalen Familie. Es war ein drastischer Schritt, einer, der laut Meghan und Harry nötig war, um überleben zu können. Sich entfernen von dem, was sie die «Firma» nennen, die Institution, die Monarchie, all die Mitarbeitenden, PR-Berater, Entscheidungsträger. Über die Queen selbst sprechen beide jedoch warmherzig und gütig. Trotzdem der Schaden ist wohl irreparabel, der Skandal perfekt.
Denn nicht nur die Geschichte einer Jagd der Presse auf eine charismatische Frau, die ausbrechen will, auch die Geschichte eines Thronfolgers, der sich aus Liebe auf Abwege begibt, ist alles andere als neu. Bereits 1936 dankte der amtierende König Eduard VIII. ab, weil er seine Liebe zur Amerikanerin nicht mit seinem Amt vereinbaren konnte. Die Liebe von Harry und Meghan hat nun einen weiteren, tiefen Graben durch die Familie gerissen. Einer, den viele vor drei Jahren noch nicht für möglich gehalten hätten. Nach der Hochzeit von William und Kate schien alles so harmonisch und perfekt wie schon lange nicht mehr.
Man hatte ein würdiges Paar gefunden, das nahbar wirkt und dennoch die Traditionen hochhält. Die versteht, dass die Familie seit jeher versucht, Contenance zu bewahren, die Fassade, nobles Schweigen, unerschütterlich, stoisch. Mit Schweigen hat das Königshaus noch alle Irrungen und Wirrungen ausgesessen. Bis jetzt. Doch mit Harry hat nun einer das Schweigen der Männer gebrochen - für die psychische Gesundheit seiner Frau.
Mit Harry und Meghan ist eine neue Generation in den Ring getreten. Eine, die auch mithilfe der Sozialen Medien dauergemobbt und dauerbelagert wird, eine, die aber auch genau über solche Kanäle eine eigene kommunikative Freiheit erlangt, die es davor nicht gab. Eine Generation, die für sich beansprucht, selbst Teil der Geschichte zu sein, die über sie geschrieben wird. Und sie mitzuschreiben. Die versucht, in einem «wilden Westen» der Attacken gegen sie, wie Meghan es formulierte, oben auf zu schwimmen. Der Buckingham Palace schweigt sich derweil weiter aus.
Der Auftritt des Paares war seit Tagen mit Spannung und Schaudern erwartet worden. Im Vorfeld wurde wild darüber spekuliert, welche Anschuldigungen und intimen Details ans Licht geraten könnten. Es hiess gar, das Paar erhalte eine grosse Stange Geld für seinen Auftritt. Nun ist klar: Der Auftritt war nicht bezahlt. Der Publicity der beiden bringt er jedoch ausserhalb des britischen Königreiches sicher nicht nur Negativschlagzeilen. In feministischen Kreisen wird Meghan auch für ihren Mut und ihre Unkonventionalität gefeiert.
SRF strahlt das Interview «CBS presents Oprah with Meghan and Harry», in dem sich Oprah Winfrey mit Prinz Harry und Meghan, dem Herzog und der Herzogin von Sussex, zu einem intimen Gespräch zusammensetzt, am Samstag, 13. März, um 22.25 Uhr auf SRF 1 aus.