Ratgeber
Ich habe eine kleine Wunde am Bein, ohne erkennbare Ursache: Warum will sie einfach nicht verheilen?

Ich (w, 66) habe seit zwei Wochen eine kleine Wunde (ca. 1,5 cm Durchmesser) am Unterschenkel, die einfach nicht verheilen will. Woher diese Wunde kommt, weiss ich nicht. Was könnte die Ursache sein? Muss ich zum Arzt, oder soll ich besser noch damit warten?

Prof. Dr. med. Heiko Uthoff*
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Heiko Uthoff.

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Bild: PD

Es handelt sich hier um ein «offenes Bein». Dies ist eine schlecht heilende Wunde, in der Fachsprache auch Ulcus genannt. Basismassnahmen wie fachkundige Wundreinigung und Wundverband sind wichtig, um Infektionen wegen der gestörten Schutzbarriere zu verhindern. Das scheinbar grundlose Auftreten sowie die fehlende Heilungstendenz deuten auf eine zugrunde liegende Krankheit hin. Daher ist die Wunde ernst zu nehmen.

In etwa acht von zehn Fällen ist ein «spontanes» Ulcus die Folge von Durchblutungsstörungen – und damit schlechter Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Gewebes. Beispiele sind chronische Venenkrankheiten (Thrombose, Krampfadern) oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Selten sind auch entzündliche Hautkrankheiten oder bösar­tige Hauttumore Ursache. Chronische Wunden am Bein betreffen etwa ein Prozent der Bevölkerung im Lauf des Lebens.

Ulcus-Gefahr steigt mit dem Älterwerden

Mit zunehmendem Alter steigt die Ulcus-Gefahr, weil bestimmte Krankheiten der Arterien und Venen dann häufiger vorkommen. Eine Untersuchung der Venen und Arterien an den Beinen gehört daher zur Routineabklärung.

Bereits die Lokalisation des Ulcus kann einen Hinweis liefern, ob es sich eher um ein venös oder arteriell bedingtes Ulcus handelt. Bei einem Ulcus im Innenknöchel-Bereich sind häufig die Venen erkrankt, die das Blut aus den Beinen zurück zum Herzen transportieren sollen. Als Folge einer Thrombose oder eines Krampfaderleidens ist der Abfluss gestört, und der Blutrückstau führt zu erhöhtem Druck auf das Gewebe. Daraus kann ein fortschreitender Hautschaden entstehen, der etwa an einer Schwellung oder Hautverfärbung im Knöchelbereich erkennbar ist.

Das arterielle Ulcus liegt häufiger oberhalb des Aussenknöchels. In diesem Fall sind die Arterien, die das Blut und den Sauerstoff vom Herzen in die Beine transportieren, durch Ablagerungen an der Gefässinnenwand (Arteriosklerose) verengt oder gar verschlossen. Dies ist meist Folge von unbehandelten Herz-Kreislauf-Risikofaktoren (Bluthochdruck, Blutzuckerkrankheit, Rauchen, erhöhten Blutfettwerten usw.).

Ein offenes Bein kann eine oder mehrere auslösende Ursachen haben, weshalb Venen wie Arterien mit einem speziellen Ultraschall untersucht werden sollten. Selten wird eine kleine Gewebeprobe genommen, um zu klären, ob auch ein Tumor vorliegt.

Krampfadersanierung oder Kathetereingriff

Je nach Befund gibt es verschiedene Behandlungen. Sowohl eine Krampfadersanierung als auch eine Verbesserung der arteriellen Durch­blutung mittels Kathetereingriff («ballönle») sind Optionen. Verlauf und Prognose hängen von der Ursache, aber auch vom Schweregrad und von der Ausdehnung des Beingeschwürs ab. Allgemein gilt: Suchen Sie bei Beschwerden immer bald Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf. So lassen sich Grunderkrankungen früh erkennen und die Entwicklung eines Ulcus verhindern.

* Prof. Dr. med. Heiko Uthoff ist Facharzt für Angiologie (Gefässmedizin), Hirslanden-Gruppe, Gefässpraxis am See AG; www.gefaesspraxis-am-see.ch