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Fredy Boll weiss, was es für einen guten Apfelsaft braucht. Im Interview erzählt der mehrfache Schweizer Meister, wieso er nächste Saison nicht mehr an Wettbewerben teilnimmt.
Das Mosten ist Fredy Bolls grosse Leidenschaft und das merkt man bereits beim Betreten seines Hauses in Bergdietikon. Kaum über der Türschwelle wird man beinahe erschlagen von all den Auszeichnungen, Urkunden und Zeitungsartikeln, die der 82-Jährige eingerahmt und aufgehängt hat. «Im Jahr 2000 habe ich die erste Goldmedaille für meinen Süssmost vom Schweizer Obstverband erhalten», sagt der rüstige Senior und zeigt auf ein Diplom an der Wand. Auf seinen Lorbeeren ruht sich der zigfach prämierte Landwirt aber nicht aus. Gerade gestern hat er gemeinsam mit Freunden 400 Kilo Äpfel aufgelesen und sie zur nahegelegenen Mosterei der Familie Bräm in Dietikon gebracht. Das wird dieses Jahr nicht das letzte Mal sein. «Vom September bis Ende November sammle ich einmal wöchentlich das Obst ein», erzählt Boll. Jede Saison produziert er rund 2000 Liter des beliebten Getränks.
Fredy Boll: Es kommt auf die Mischung an. Ich verwende für meinen Saft sieben Apfelsorten. Darunter ist etwa der säuerliche Boskoop oder der süsse Golden Delicious. In meinen Most kommen aber auch die Sorten Rubinette, Pinova, Maigold, Diwa und Braeburn. Zu den wichtigsten Komponenten im Apfelsaft gehören der Zucker- und Säuregehalt. Das Verhältnis von süss und sauer muss stimmen. Wenn ich nur süsse Sorten nehme, wird der Saft zu süss. Durch das richtige Mass an Säure erhält der Most seine Frische. Und auf das kommt es an, wenn man an einem heissen Sommertag seinen Durst mit einem Schluck Apfelsaft löschen will.
Die Äpfel müssen reif, frisch und sauber sein. Das beste Aroma erhält das Obst am Baum, deshalb verwende ich nur die reifen Äpfel, die frisch zu Boden gefallen sind und nie welche, die ich vom Baum pflücke wie etwa für das Tafelobst. So stelle ich sicher, dass die Äpfel reif sind. Unreife Äpfel enthalten mehr Stärke und haben dadurch einen grasigen Geschmack. Ich schneide die Bäume im Winter so, dass es weniger, dafür grosse Äpfel gibt und die Sonne bis zum Stamm gelangt. Auch das hilft dem Aroma. Wichtig ist überdies, dass man die schlechten und angefaulten Stellen wegschneidet. Vor allem dieses Jahr weisen die Äpfel viele Vogelschäden auf. Krähen, Amseln und Meisen picken sie an. Das haben auch andere Obstbauern festgestellt. Bei der Obstlese drücke ich deshalb all meinen Helfern immer ein Küchenmesser in die Hand, damit sie die angepickten Stellen gleich abschneiden können.
Wenn ich im Sommer Durst habe, verdünne ich den Most gerne mit Mineralwasser. Am besten schmeckt er mir mit ein bisschen selbstgeräuchertem Speck und Brot.
Das stimmt. Die Liebe zur Natur habe ich von meiner Familie geerbt. Schon als Kind habe ich mich sehr fürs Mosten und die Obstlese interessiert und meinem Vater und Grossvater geholfen, das Obst durch die Handpresse zu lassen. Selbst damit angefangen habe ich, als ich 18 Jahre alt war. 1959 absolvierte ich einen viertägigen Kurs zur bäuerlichen Süss- und Gärmostherstellung an der kantonalen Zentralstelle für Obstbau und Obstverwertung beim Strickhof in Zürich. 1973 folgte dann die Ausbildung zum Obstverwerter. 1978 wurde mein Apfelsaft zum ersten Mal vom Verband der Zürcher Obstverwerter ausgezeichnet. Seit dem feilte ich an der Mischung meines Mosts, die ich im Jahr 2000 perfektionieren konnte. Ab diesem Zeitpunkt wurde mein Apfelsaft sieben Mal in Folge zum besten der ganzen Schweiz gekürt.
Der Aufwand ist mir zu gross geworden für die Menge, dich ich produziere. Die Bräms mosten für viele Obstbauern im Limmattal, dann lohnt sich die Arbeit. Zudem bin ich nicht mehr der Jüngste und stelle ja noch Wein und Schnaps her und pflege die Obstbäume. Pasteurisieren und Abfüllen werde ich meinen Saft aber immer noch selber. Früher habe ich meinen rund 150 Kunden den Apfelsaft sogar zu Hause vorbeigebracht. Das ist mir mittlerweile aber zu aufwendig geworden. Am Samstag kann man von 10 bis 12 Uhr den Most ab Hof kaufen.
Nein, das hat damit nichts zu tun. Ich mache nicht mehr mit, weil man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Ich habe dieses Jahr als Kategoriensieger mit meinem Most alles erreicht, was möglich ist.