In der Zürcher Innenstadt und im Hochschulquartier ist fast jede zehnte Wohnung in der Grauzone zur Hotellerie.
Die angespannte Lage auf dem Zürcher Wohnungsmarkt spitzt sich weiter zu. Ein Faktor, der vor allem in den zentralen Stadtquartieren spürbar ist, sind sogenannte Business-Apartments. Gemeint sind damit möblierte Wohnungen, die professionell bewirtschaftet auch nur für kurze Zeit vermietet werden – in der Regel zu überdurchschnittlichen Preisen. Ihre Anzahl ist in den letzten zwei Jahren in Zürich von 2760 auf aktuell 3270 angestiegen, wie Statistik Stadt Zürich gestern mitteilte.
«Im Hochschulquartier und in der City werden zehn Prozent aller Wohnungen als Apartments vermietet», heisst es in der Mitteilung weiter. In weiteren Innenstadtgebieten wie Seefeld, Langstrasse oder Alt-Wiedikon sowie im flughafennahen Stadtteil Seebach liegt der Anteil der Business-Apartments ebenfalls deutlich über dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Dieser beläuft sich auf 1,4 Prozent.
Gut ein Drittel der Business-Apartments werden jeweils für mindestens drei Monate vermietet, zumeist an Business-Nomaden, etwa aus der IT-Branche, oder an Hochschulmitarbeitende aus dem Ausland. Für zwei Drittel der Business-Apartments sind hingegen gemäss der Mitteilung keine Bewohner gemeldet. Das heisst: Sie sind jeweils nur für weniger als drei Monate von der gleichen Person bewohnt. Zum Teil werden sie auch via Airbnb vermietet, wie Urs Rey von Statistik Stadt Zürich auf Anfrage sagt.
Aus Sicht von Walter Angst, Sprecher des Mieterverbands Zürich und AL-Gemeinderat, ist diese Art von Apartments der Hotellerie zuzurechnen. «Dass Handlungsbedarf besteht, ist klar», sagt Angst. «Hotelnutzungen und Business-Apartments dürfen nicht mehr dem Wohnanteil angerechnet und Umnutzungen müssen einer Bewilligungspflicht unterstellt werden.»
Vorstösse in diese Richtung sind seit Jahren im Zürcher Stadtparlament hängig, wie Angst in Erinnerung ruft. Derzeit arbeite eine Gemeinderats-Kommission an Lösungsvorschlägen für entsprechende Änderungen an der städtischen Bau- und Zonenordnung. Gesucht werden Lösungen, die auch vom Kanton bewilligt würden. Denn ohne die Zustimmung der kantonalen Baudirektion ginge es nicht. Beim Kanton wiederum haben sich die politischen Vorzeichen durch die Wahlen im Frühling geändert: Seither ist mit Martin Neukom ein Grüner Baudirektor – und nicht mehr Markus Kägi (SVP). Laut Angst könnte eine Lösung in rund zwei Jahren vorliegen und in drei bis vier Jahren in Kraft treten.
Der Mieterverband prangert schon länger einen Verdrängungskampf auf dem Zürcher Wohnungsmarkt an. So schrieb er vor zwei Jahren zu einer Studie über die Vermittlungsplattform Airbnb: «Neben Vermittlungsplattformen führen die expandierenden Hotelnutzungen und die hohe Zahl von Zweitwohnungen und Business-Apartments zum Verlust von Mietwohnungen.»
Hotelnutzungen und Business-Apartments dürfen nicht mehr dem Wohnanteil angerechnetwerden.
(Quelle: Walter Angst Mieterverband Zürich)
Die These von der Wohnraum-Verdrängung durch alternative Nutzungen sah ein letztes Jahr vom Zürcher Stadtrat herausgegebener Expertenbericht zwar gesamtstädtisch nicht bestätigt. Schliesslich sei auch die Wohnbautätigkeit hoch. Anders sehe es aber im Stadtzentrum aus, da dort kaum noch neue Wohnungen entstehen.
Der vom Stadtrat veröffentlichte Expertenbericht kam zudem zum Schluss, es scheine «zulässig, in Sonderbauvorschriften zu definieren, welche spezifische Nutzungen bei einem Mindestwohnanteil eingerechnet werden dürfen. Auf diese Weise könnten nicht erwünschte Nutzungen wie Hotels oder Zweitwohnungen ausgeschlossen werden.»
Die Zahl der Zweitwohnungen in Zürich beläuft sich übrigens aktuell auf 7450. Dies entspricht einem Anteil von 3,3 Prozent aller Wohnungen.
Stadtkreis 1 liegt der Zweitwohnungs-Anteil bei 13,1 Prozent, wie es in der Mitteilung von Statistik Stadt Zürich heisst; Spitzenreiter sind dort das Lindenhof-Quartier mit 18,8 Prozent und das Hochschulquartier mit 17,5 Prozent Zweitwohnungen.