Vor den Zürcher Gemeinderatswahlen am 13. Februar fühlt die «Limmattaler Zeitung» den Fraktions- und Parteipräsidentinnen und -präsidenten den Puls. Im siebten Teil dieser achtteiligen Serie: EVP-Stadtparteipräsident Ernst Danner.
Die Erneuerungswahlen stehen vor der Tür. Wie ist die Stimmung in Ihrer Partei?
Ernst Danner: Die Stimmung ist sehr gut. Auf der einen Seite haben wir ein, gemessen an unseren verfügbaren Ressourcen, sehr gutes Werbekonzept. Hinzu kommt, dass die EVP in der bisherigen Berichterstattung immer wieder erwähnt wurde. Darüber hinaus macht unser Stadtratskandidat Roger Föhn seine Sache sehr gut. Für viele EVPler ist das ermutigend. Aber natürlich ist auch eine gewisse Anspannung da. Die Fünf-Prozent-Hürde ist für uns sehr hoch. Auch wenn die Hoffnung gross ist, haben wir keine Gewissheit, dass wir sie erneut schaffen.
Vor vier Jahren gelang der EVP die Rückkehr in den Zürcher Gemeinderat. Nun will Ihre Partei zu ihren bisher vier Sitzen einen dazugewinnen, um Fraktionsstärke zu erreichen. Wie wollen Sie das schaffen?
Wir konzentrieren unsere Kampagne vor allem auf die Kreise, wo wir die beste Chance haben, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Wir wollen hervorstreichen, was die EVP die letzten vier Jahre gemacht hat – unserer Meinung nach nämlich eine sehr gute Politik. Wir haben dafür gesorgt, dass der Gemeinderat nicht zu stark auseinanderdriftet. Nicht zuletzt dank dieser Politik hoffen wir, wieder gewählt zu werden.
Die Ausrichtung der EVP ist stark christlich geprägt. Ist das angesichts einer immer weniger religiösen Gesellschaft noch zeitgemäss?
Die frohe Botschaft, die Jesus von Nazareth predigte, ist heute noch so aktuell wie sie damals war; die Botschaft, dass es einen Gott gibt, der alle Menschen liebt, der über alle Rassengrenzen hinaus Heil bringt und uns aufbaut. Die Kirche brachte riesige Segensströme mit Auswirkungen bis heute hervor. Das geht oft vergessen, wenn ihre Skandale rapportiert werden. Die EVP will ihre Quelle, aus der sie schöpft, deklarieren. Wir sprechen jene Wählerinnen und Wähler an, die das schätzen – weil sie entweder selber Christen sind oder weil sie dieselbe Ethik vertreten.
Welche Rolle kommt der EVP im links-grün dominierten Gemeinderat zu?
Wir nehmen vor allem eine verbindende Rolle zwischen den Blöcken ein. Wir versuchen, unsere zur Mitte orientierte Linie gemäss unserem Parteiprogramm aufrechtzuerhalten. Wir haben klar eine ökologische und soziale Politik, aber keine sozialistische. Wir sind Umweltschützer, aber nicht Umweltreligionsanhänger.
Wie gut ist Ihrer Partei diese Rolle gelungen?
Es ist uns beschränkt gelungen. Wir können nur Erfolg haben, wenn wir gleicher Meinung sind wie der linke Block. Und dieser ist doch sehr wenig kompromissbereit. Wenn man nicht auf derselben Linie ist, hat man grosse Mühe. Was mir aber auffällt, ist, dass die Ratslinke auf unsere Voten hört. Vielleicht bedeutet unsere Stimme für sie, dass das Anliegen noch nicht zu extrem und damit salonfähig ist.
Welche Erfolge konnten Sie in der vergangenen Legislatur konkret verbuchen?
Ein Erfolg war das Netto-Null-Emissionsziel der Stadt, bei dem wir auch ein wenig mitwirken konnten. Auch dank unseres Beitrages war die Linke bereit, den Kompromiss Netto-Null bis 2040 und teilweise 2035 einzugehen statt, wie vom Stadtrat vorgeschlagen, 2030. Auf einen weiteren Erfolg hoffen wir bei den Tagesschulen. Wir fordern, dass die Mittagspause 90 statt 80 Minuten dauert und genügend Geld zur Verfügung gestellt wird. Denn wir haben das Gefühl, dass der Stadtrat zu tiefe Kosten für deren Betrieb veranschlagt hat.
Welche Niederlage ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Eine grössere Niederlage war die Annahme der beiden kommunalen Richtpläne an der Urne im vergangenen Jahr. Dem Verkehrsrichtplan haben wir mit erheblichen Vorbehalten zwar ebenfalls zugestimmt. Beim Siedlungsrichtplan hat uns aber die zusätzliche Verdichtung gestört. Schon heute haben wir eine massive Verdichtung – jetzt noch weiter darüber hinauszugehen, finden wir übertrieben. Dass das Volk Ja gesagt hat, war doch ziemlich schmerzlich für uns.
Sie waren bereits von 2002 bis 2010 im Gemeinderat. Wie hat sich der Parlamentsbetrieb seither gewandelt?
Er hat sich nicht gross verändert – jedenfalls ist er nicht schlechter geworden. Es gab schon damals Sticheleien und Auseinandersetzungen. Die gewichtigste Veränderung sind die neuen Mehrheitsverhältnisse. Von der Mentalität der jeweiligen Politikerinnen und Politiker her sehe ich aber keine grossen Unterschiede. Ich habe sogar eher das Gefühl, die Jungen sind braver als früher. Damals wurden wir noch stärker angegriffen von gewissen Exponenten. Vor allem die SVP war früher krass.
Welche Sachthemen stehen in der nächsten Legislatur an?
Es ist uns wichtig, dass es genügend gut ausgebildete Lehrkräfte und ausreichend Schulhäuser hat. Beim Schulraum hat es der Stadtrat verpasst vorauszuplanen. Hinzu kommt das Thema Spielmöglichkeiten für Kinder: Bei fortschreitender Verdichtung ist genügend hochwertiger Freiraum für die Familien wichtig – und zwar nicht nur in Parks, sondern auch auf Plätzen, Strassen und bei grossen Wohnüberbauungen. Ein weiteres Anliegen sind günstige Wohnungen: Die Stadt hat die Möglichkeit, Baurecht zur Verfügung zu stellen und auch selbst Siedlungen zu bauen. Was wir jedoch nicht wollen, ist, dass dafür Steuergelder fliessen. Die Stadt soll günstiger bauen und Mieten verrechnen, die diesen Kosten entsprechen.
Wieso sollten die Zürcherinnen und Zürcher am 13. Februar die EVP wählen?
Weil wir das verbindende Element im Gemeinderat sind, das schaut, dass wir eine vernünftige Politik machen können, die nicht nur dem Wohl der einen, sondern dem aller dient.
Ernst Danner ist seit Mitte 2018 wieder für die EVP im Gemeinderat. Bereits von 2002 bis 2010 war er EVP-Gemeinderat. Seit 2017 ist er Präsident der EVP Stadt Zürich. Der 68-Jährige ist selbstständiger Rechtsanwalt in einer Allgemeinpraxis. Von 2013 bis 2018 war er Mitglied der Zentralkirchenpflege des Stadtverbands der reformierten Kirchgemeinden. Danner wohnt in Oerlikon, ist verheiratet und Vater von vier Kindern. (sho)