Prävention
Neue Kampagne: Stadtpolizei Zürich und VBZ setzen sich für mehr Zivilcourage ein

Die neue Kampagne «HEH!» der Stadtpolizei Zürich und der VBZ will die Zivilcourage fördern. Die Polizei wird mit einer Beratungsstation unterwegs sein, wo man seine Reaktion in konkreten Situationen üben kann.

Katrin Oller
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Die Stadtpolizei Zürich hat gemeinsam mit den VBZ eine neue Präventionskampagne lanciert. (Symbolbild)

Die Stadtpolizei Zürich hat gemeinsam mit den VBZ eine neue Präventionskampagne lanciert. (Symbolbild)

Keystone

Alle schauen isoliert auf ihr Handy. Keiner nimmt wahr, was um ihn herum passiert, auch wenn jemand beleidigt oder angegriffen würde. So skizziert Rolf Nägeli, Chef Kommissariat Prävention bei der Stadtpolizei Zürich, eine morgendliche Szene an der Bushaltestelle. «Oft tut man nicht bewusst nichts, sondern weiss schlicht nicht, wie man sich verhalten soll.»

Hier wollen die Stadtpolizei Zürich und die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) mit einer neuen Präventionskampagne ansetzen. Sie ist die Nachfolgekampagne von «Generell Freundlich» und wird vorerst für 18 Monate lanciert. Oft reiche es, hinzuschauen, sagte Nägeli gestern vor den Medien. Der Täter komme so aus der Anonymität heraus. Danach soll man abwägen, wie man reagieren soll, denn kopfloses Eingreifen könne gefährlich werden. Daher heisst die Kampagne «HEH! Hinschauen! Einschätzen! Handeln».

Plakat der neuen Kampagne.

Plakat der neuen Kampagne.

zvg

Zurechtweisen oder reden?

Auf den VBZ-Linien 31 und 32 verkehrt ein Bus, der mit den gelben Sujets beklebt und mit Informationsmaterial gefüllt ist. Auf Plakaten kann man von Andrea, Gabi und Istvan lesen. Andrea hat die Polizei gerufen, als sie hörte, wie ihr Nachbar seine Frau schlug. Gabi hat mit ihrer Chefin darüber gesprochen, dass ein Lehrling gemobbt wird und Istvan hat seinen Coach darauf hingewiesen, dass «schwul» kein Schimpfwort ist. Wie man sich selber in solchen Situationen verhalten würde, kann man in der mobilen Beratungsstation der Stadtpolizei üben. Diese wird ein erstes Mal am 15. und 16. Juni am Zurich Pride Festival unterwegs sein.

Darin werden an eine Wand Schattenfiguren projiziert, die sich auffällig verhalten. So wollen etwa zwei Buben mit einem Sackmesser etwas auf ein Tramhäuschen ritzen. Als Spieler kann man nun selber entscheiden, wie sich ein Passant verhalten soll. Weist er die Kinder zurecht und versucht, ihnen das Messer wegzunehmen, endet die Situation im Geschrei. Fragt er die Buben aber, ob sie sich nicht verletzten mit dem Messer, entwickelt sich ein Gespräch, und die Sachbeschädigung findet nicht statt. Ähnliche Szenen gibt es zu Themen wie Diskriminierung, sexuelle Belästigung und Gewalt. Die Polizisten beraten den Spieler dabei.

Die passende Form der Zivilcourage

Vor der Beratungsstation kann man auf Tablets einen Selbsttest ausfüllen, in dem ähnliche Situationen abgefragt werden. Zuerst soll man sein Bauchgefühl beschreiben und danach, wie man handeln würde. In der Auswertung werden zu jeder Situation Tipps gegeben.

Mitentwickelt hat den Fragebogen Veronika Brandstätter-Morawietz, Psychologieprofessorin an der Universität Zürich. «Die meisten Leute sind entschlossen, korrekt zu handeln», sagt Brandstätter. «Allerdings werden aus den Gedanken oft keine Taten.» Das sei weder Feigheit noch Egoismus, sondern mangelnde Kompetenz. Solche Situationen seien oft mehrdeutig, und jeder habe eine persönliche Schwelle, wann etwas als unangenehm empfunden werde. Ziel sei aufzuzeigen, dass es nicht nur ein richtiges Verhalten gebe, sondern für jeden eine passende Form der Zivilcourage. Oft seien kleine Schritte besser als Heldentaten.