Neu soll das Zürcher Stimmvolk bei Auslagerungen des Universitätsspitals mitreden dürfen. Für Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli ist das ein Rückschritt.
Das Universitätsspital Zürich (USZ) hat turbulente Zeiten hinter sich. In den letzten Jahren häuften sich die Missstände. Der bekannteste Fall betrifft den ehemaligen Leiter der Herzchirurgie, Francesco Maisano, der gemäss einer Untersuchung wissenschaftliche Berichte geschönt und Interessenkonflikte unterschlagen haben soll. Eine parlamentarische Aufsichtskommission untersuchte den Fall und legte insgesamt 75 Empfehlungen vor. Diese hat der Kantonsrat am Montag nun teilweise in das bestehende Gesetz über das Universitätsspital gegossen.
Mit der Gesetzesrevision soll die Rolle der Spitaldirektion gegenüber den einzelnen Klinikleiterinnen und -leitern gestärkt und die Transparenz erhöht werden. Eine gewichtige Neuerung im Gesetz besteht darin, dass das Zürcher Stimmvolk künftig über Auslagerungen des Unispitals befinden darf. Auslagerungen ab vier Millionen Franken unterstehen neu dem fakultativen Referendum. Jedes Mal, wenn das USZ also Teile seines Unternehmens in diesem Umfang abgeben möchte, kann das Volk das Referendum ergreifen.
Der Kantonsrat hat sich am Montag in erster Lesung mit 100 zu 67 Stimmen für einen entsprechenden Paragrafen im Gesetz ausgesprochen. Getragen hat diese Änderungen eine Allianz aus AL, SP, Grünen und SVP. Grösstenteils dagegen waren GLP, EVP, Die Mitte und FDP.
Für AL, SP, Grüne und SVP war klar, dass das Volk bei Auslagerungen das letzte Wort haben soll. Auslagerungen «von grosser Bedeutung» sollen «Chefsache» bleiben, also letztlich vom Kanton als Eigentümer des Unispitals abgesegnet werden, fand Florian Heer (Grüne, Winterthur). «Sonst laufen wir Gefahr, dass Kerngeschäfte ausgelagert werden.» Auf den Einwand von Hans-Peter Amrein (parteilos, Küsnacht), die 3000 Unterschriften für das Referendum seien ja schnell zusammen, entgegnete Lorenz Habicher (SVP, Zürich): «Niemand wird das Referendum bei einem sinnvollen Vorhaben ergreifen.»
Für die Gegenseite stellte das fakultative Referendum eine zu grosse Einschränkung der unternehmerischen Freiheiten dar, wie es Marc Anthony Wisskirchen (EVP, Kloten) ausdrückte. Arianne Moser (FDP, Bonstetten) machte den Kantonsrat mitverantwortlich für die Missstände am USZ und stellte infrage, dass er der bessere Unternehmer sei. Jörg Kündig (FDP, Gossau) wiederum drohte mit einem Rückweisungsantrag in der zweiten Lesung, sollte das fakultative Referendum durchkommen.
Auch Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) sprach sich im Rat erfolglos gegen das fakultative Referendum aus. Das Unispital müsse agil bleiben, um konkurrenzfähig zu sein, hielt die Regierungsrätin fest. «Ein fakultatives Referendum kommt einem Misstrauensvotum gleich.» Damit werde die Verselbstständigung des USZ teilweise wieder rückgängig gemacht. Das USZ stehe in Zukunft sowohl baulich als auch finanziell vor grossen Herausforderungen, gab Rickli zu bedenken.
Das fakultative Referendum war nicht der einzige Teil der angestrebten Gesetzesrevision, der zu reden gab. Ebenfalls lebhaft diskutierte der Kantonsrat über den Einfluss des Parlaments und der Regierung auf die Unternehmensstrategie des Unispitals. Konkret ging es neben den Auslagerungen auch um zukünftige Beteiligungen und Gesellschaftsgründungen. Insgesamt einig war sich der Kantonsrat, dass er bei diesen unternehmerischen Tätigkeiten ein Mitspracherecht haben sollte. Uneinig war man sich jedoch darüber, ab welchem Umfang.
Der Kantonsrat folgte der Empfehlung einer Mehrheit der vorberatenden Kommission. Demnach sollen Auslagerungen dem Regierungsrat und dem Kantonsrat zur Genehmigung vorgelegt werden, sobald der Wert des betroffenen Betriebsbereichs ein Prozent des Eigenkapitals des USZ übersteigt. Das entspräche derzeit etwa acht Millionen Franken. Beteiligungen und Gesellschaftsgründungen wiederum sollen ab einem Wert von zwei Prozent des Eigenkapitals (rund 16 Millionen Franken) dem Regierungsrat beziehungsweise ab sieben Prozent (56 Millionen Franken) dem Kantonsrat zur Genehmigung unterbreitet werden.
Diverse Minderheitsanträge wollten höhere Schwellenwerte. Bei demjenigen der SP lag die Schwelle für Beteiligungen und Gesellschaftsgründungen, die der Kantonsrat zu bewilligen hat, bei drei Prozent des Eigenkapitals, bei demjenigen von GLP, EVP, Mitte und FDP bei sieben Prozent. Die Grünen wiederum forderten fixe Werte und wollten die Schwelle bei 10 Millionen Franken beziehungsweise 25 Millionen Franken festlegen. Der Regierungsrat wiederum hatte in seinem Gesetzesentwurf beantragt, dass nur noch er besagte unternehmerischen Tätigkeiten bewilligen kann, und zwar erst ab einem Wert von über 10 Millionen Franken.
Weil der Kantonsrat die Detailberatung des Geschäfts am Montag nicht abgeschlossen hat, wird er sie an seiner nächsten Sitzung am 13. März fortführen. Darin wird es um weitere Einzelheiten des Kommissionsantrages gehen. Zu einem späteren Zeitpunkt wird der Kantonsrat dann in zweiter Lesung endgültig über die Gesetzesrevision befinden.