Der Wirtschaftsaufschwung nach der Coronapandemie bringt die Lieferketten ins Stocken und treibt die Preise stärker als angenommen. Was, wenn sich die Inflationsspirale immer schneller dreht?
Finanzkrise, Eurokrise und nun die Pandemie: Seit über zehn Jahren operieren die Notenbanken im Ausnahmezustand. Um die Wirtschaft zu stützen, haben sie gigantische Geldsummen in die Märkte gepumpt, ihre Bilanzen auf eine Vielfaches der der weltweiten Wirtschaftskraft aufgebläht und die Zinsen im Nullbereich einzementiert.
Es gibt die schöne Vorstellung, dass diese Geldschwemme ohne Nebenwirkungen bleiben wird, dass die Notenbanken genügend Zeit haben, diese unvorstellbare Liquidität wieder abzuschöpfen und die Zinsen so behutsam erhöhen können, dass weder die Wirtschaft noch die Aktienmärkte Schaden nehmen.
Doch die Ereignisse der letzten Monate wecken Zweifel an dieser Vorstellung. Das Hochfahren nach der Pandemie von null auf hundert geht nicht überall reibungslos über die Bühne. Die Lieferketten stocken. Es fehlt an Rohwaren. Stahl, Holz oder Kupfer sind knapp. Auch Elektrochips, Occasionswagen oder Schiffscontainer sind Mangelware. Und wo Mangel herrscht, steigen die Preise.
Noch wiederholen die Notenbanken mantraartig, der aktuelle Inflationsschub sei nur vorübergehend. Sobald die Lieferketten wieder geschmiert seien, werde sich der Effekt verflüchtigen. Doch vorerst steigen die Preise einfach weiter – und wie! In den USA erreichte die Inflation im Oktober den höchsten Stand seit 30 Jahren. In der Schweiz sieht es nur deshalb besser aus, weil der Franken den Inflationsdruck absorbiert, was auch seine Schattenseiten hat.
Noch kann es sein, dass der Inflationsschub nur eine Eintagsfliege bleibt. Aber wehe, wenn es anders kommt. Die Notenbanken müssten die Geldschleusen eiligst schliessen und die Zinsen in die Höhe treiben. Rezession und Arbeitslosigkeit wären die wahrscheinliche Folge davon. Denn die Preise einfach weiter steigen zu lassen, wäre keine Option.