Kolumne
Holzweg + Holzweg = Königsweg? Peach Weber über Irrungen und Wirrungen der Schweizer Energiepolitik

Der Schweizer Komiker über Atomstrom, Gaskraftwerke und ein paar neue AKWs.

Peach Weber
Peach Weber
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Wir Wesen der angeblich intelligenten Spezies «Homo sapiens» haben noch nicht mal den einfachen, aber hochphilosophischen Satz des Indianerhäuptlings, oh exgüsi, ich meine natürlich den «Vorsitzenden eines Indigenen-Verbandes», verstanden: Wenn du einen Baum fällst, musst du einen neuen pflanzen.

Dieser Mann hat mit seiner Baumweisheit mehr Intelligenz bewiesen als die meisten politischen Dampfplauderi heute. Diese Erkenntnis wäre übrigens genau das Gegenteil von Wachstum, unserem Götzen auf dem Wirtschaftsaltar, der im Grunde genommen die Wurzel fast allen Übels ist. Ich meine damit nicht nur das wirtschaftliche Wachstum, auch wir Menschen müssten persönlich unseren Vermehrungsdrang und Langlebewahn aufgeben.

Gut, es stimmt, wir sind scheinbar zum Wachstum verdammt. Aber nicht etwa, weil das ein Naturgesetz wäre, nein, unser Vermehrungsdrang und unser Forschergeist hat uns in diese Bredouille gebracht.

Wir leben heute in einem Machbarkeitswahn. Das tönt jetzt vielleicht brutal, aber wir müssen den natürlichen Tod wieder einführen und akzeptieren. Wir pumpen Milliarden in die Forschung, um die Lebenserwartung noch einen Zehntel hochzuschrauben (ich erspare mir jetzt das zynische Wortspiel «ums Verrecken»).

Die Frage nach dem Sinn der ganzen hochgerüsteten Medizin stellen wir uns eigentlich erst, seit uns Exit und die Idee der Patientenverfügung zu dieser Diskussion gezwungen haben. Auch Seuchen haben wir mehr oder weniger im Griff. Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist ein sehr guter Zug des Menschen, aber er hat die unangenehme Nebenwirkung, dass eine wichtige Komponente der Vermehrungsbremse wegfällt.

Zu allem Überfluss hat ja der chinesische Präsident die gesteigerte Nachwuchsproduktion wieder verordnet. Er wird zur Not seine Schwängerungstruppen in Marsch setzen. Dass unsere Forschung grossenteils in die falsche Richtung läuft, kann ich Ihnen an einem aktuellen Beispiel zeigen: der geniale Holzweg Atomstrom.

Blick auf das Kernkraftwerk Gösgen.

Blick auf das Kernkraftwerk Gösgen.

Keystone

Vor 40 Jahren wurde uns vorgeschwurbelt, der Atomstrom sei der billigste, indem einfach Entsorgung und ein möglicher Ernstfall ausgeklammert wurden. Auf bezahlte Lobbyisten sind wir dankbar reingefallen, denn wir wollten einfach das drohende Energieproblem schnell gelöst haben, damit wir uns in Ruhe wieder wichtigeren Dingen zuwenden konnten, zum Beispiel der Weiterentwicklung der Sitzheizung im Auto, die an Überflüssigkeit kaum zu überbiet ... oder, halt, wenn ich es mir recht überlege, könnte die Sitzheizung ein wichtiger Faktor im Kampf gegen die Überbevölkerung sein, durch Wärme werden ja männliche/weibliche Spermien (exgüsi, Gender-Unfall) unbrauchbar.

Ich wäre ja nicht gegen AKW, wenn wir die Zeit genützt hätten, um unsere ganze Kraft in die Entwicklung völlig neuer Energiegewinnung zu stellen. Aber wir haben alles verschlafen und stehen nun am gleichen Ort wie damals und müssen wohl den gleichen Fehler nochmals machen. Wir haben gar keine andere Wahl. Wenn unbedarfte Politiker von Alternativen wie Wasserstoff, der wohl erst in zehn Jahren sinnvoll nutzbar ist, von «neuen AKW-Generationen» faseln, die noch nicht mal auf dem Reissbrett funktionieren, dann ist das üble Augenwischerei.

Jetzt kommen wohl Gaskraftwerke, die nur gut dastehen im Vergleich zu Kohle. Eine jämmerliche Notlösung. Auch Elektro-Autos sind ein Beleg unseres kurzfristigen Denkens.

Deshalb hier mein Vorschlag: Seien wir ehrlich und konsequent, bauen wir sofort und ohne lästige Bewilligungsverfahren ein paar AKW, die sind ja neuerdings nachhaltig. Am besten beauftragen wir 2000 Chinesen mit dem Bau, das verkürzt die Bauzeit um 98 Prozent. Dann hätten wir wieder unsere Ruhe und nochmals 40 Jahre Zeit, um endlich ... und jetzt aber mit vollem Elan ... weiterzuschlafen.

Peach Weber bestaunt sein übergrosses Graffiti-Porträt

TeleM1