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Leserbriefe
Zum Leserbrief «Kirche stellte sich gegen freiheitlichen Staat», Ausgabe vom 25. Oktober
Ja, man kann die Existenz Gottes nicht beweisen. Da hat Hans Stutz in seinem Forumsbeitrag recht. Doch ebenso wenig kann man beweisen, dass Gott nicht existiert. Hans Küng hat dies in seinen Schriften ausführlich dargelegt. Professor Hans Küng aus Sursee, der offenbar weltweit bekannteste Luzerner (vergleiche diese Zeitung vom 12. Oktober 2022), ist auch der Gründer des Projektes «Weltethos», eine Grundlage für weltweiten Frieden.
In Kolumbien habe ich erlebt, wie der Glaube an einen Gott der Liebe und Gerechtigkeit die Menschen stärkt. Die Befreiungstheologie ermutigt materiell arme Menschen, sich für ihre demokratischen Rechte einzusetzen. Zudem: Gott ist nicht nur in den Kirchen präsent. Alle Weltreligionen glauben an eine göttliche Transzendenz. Ich kenne verschiedene Konfessionslose, die ihre Gottesbeziehung pflegen. Gott auf die Kirchen oder gar den Vatikan zu beschränken, ist eine zu kurze Sicht. Wenn die Grünen – für deren umweltpolitische Anliegen ich Sympathie habe – das Wort Gott aus der Kantonsverfassung streichen wollen, glaube ich nicht, dass der Kanton Luzern dadurch auch nur ein wenig grüner würde. Wenn wir den Klimawandel abwenden wollen, braucht es ein vernetztes Engagement von möglichst allen; unabhängig davon, ob wir humanistisch motiviert sind oder aus dem Glauben heraus agieren.
Maria Graf-Huber, Oberkirch
Die Luzerner Grünen fordern mit einer Motion vom Regierungsrat, dem Parlament eine Verfassungsänderung mit einer Präambel ohne Gottesbezug vorzulegen. Die Begründung liegt darin, dass sich der Bezug zu Gott in der Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt habe.
Diesem Irrtum muss ich entgegenhalten, dass die Mitgliedschaft in einer Kirche nicht zwingend einen Glauben an Gott ausdrückt oder die Nicht-Mitgliedschaft oder kritische Haltung gleichzeitig eine Ablehnung Gottes bedeutet. Es stimmt nicht, dass konfessionslos gleichbedeutend mit gottlos sein soll.
Es gibt Religionen – zum Beispiel die christliche, jüdische oder muslimische. Ferner Konfessionen, also Untergruppen innerhalb einer Religion – etwa römisch-katholisch, evangelisch oder anglikanisch. Und es gibt Kirchen als reine organisatorische Führungseinheit, also die Katholische Kirche mit Papst im Vatikan, oder die orthodoxe mit einem Patriarchen.
Der Glaube an einen Gott, als höchstes geistiges Bewusstsein und Erschaffer der ganzen Schöpfung, ergibt sich auf Stufe Religion, bei allen Religionen mit einer leicht unterschiedlichen Vorstellung vom einen, aber dem gleichen Gott.
Wer nicht annehmen kann, dass hinter der ganzen Schöpfung und der wissenschaftlich erfassbaren Materie immer ein Geist steht, der wird auch kaum begreifen, dass der Sinn des Lebens nicht nur darin liegt, auf Erden ein schönes Leben zu geniessen, sondern vielmehr darin, sich in seinem geistigen Bewusstsein weiterzuentwickeln, seine Seele zu veredeln und geistig aufzusteigen.
Es ist leider ein Zeichen des heutigen Zeitgeistes, dass nur noch existieren darf, was mit irdisch wissenschaftlichen Methoden bewiesen werden kann. Geistiges und Mystisches wird ausgeblendet. Sogar Parteien wagen sich nicht mehr, sich zu einer christlichen Grundhaltung zu bekennen. Schade!
Robert Schmid, Rothenburg