Schätze des Buchdrucks in Trogen vereint: Kantonsbibliothek zeigt Stadtansichten aus der berühmten Nürnberger Chronik

Von der Nürnberger Chronik (1493) aus der Feder von Hartmann Schedel existieren weltweit 1700 Exemplare. Zwei davon befinden sich im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Die darin enthaltenen Holzschnitt-Illustrationen werden nun im Rahmen einer Ausstellung gezeigt.

Claudio Weder
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Die Ansicht der Buchdruckerstadt Basel ist eine von 30 Stadtansichten aus der Nürnberger Chronik (1493) von Hartmann Schedel.

Die Ansicht der Buchdruckerstadt Basel ist eine von 30 Stadtansichten aus der Nürnberger Chronik (1493) von Hartmann Schedel.

Bild: PD

Die Nürnberger Chronik, im deutschen Sprachraum auch Schedel’sche Weltchronik genannt, entstand unter der Regie des Arztes und Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514) und gilt als eines der bedeutendsten Druckwerke des 15. Jahrhunderts. Rund 1700 Exemplare der 1493 erschienenen Ausgaben sind überliefert.

Zwei davon, eine deutsche und eine lateinische, befinden sich im Kanton Appenzell Ausserrhoden: Erstere gehörte dem Teufner Hochschuldozenten Ermut Geldmacher (1923-2009) und ist heute im Besitz der Erbengemeinschaft. Letztere stammt vom Herisauer Obergerichtspräsidenten und Säntisbahngründer Carl Meyer (1873-1947) und gehört heute der Kantonsbibliothek. Vom 27. Januar bis zum 4. April werden die beiden «Appenzeller Schedel» im Rahmen einer Ausstellung im Festsaal der Kantonsbibliothek im Gemeindehaus Trogen zu sehen sein.

Ein Zeugnis früher Buchdruckkunst

Heidi Eisenhut, Kantonsbibliothekarin

Heidi Eisenhut, Kantonsbibliothekarin

Bild: Benjamin Manser

«Der Tradition mittelalterlicher Chroniken folgend stellt die Schedel’sche Weltchronik die Weltgeschichte als eine Abfolge von sieben Zeitaltern dar», sagt Kantonsbibliothekarin Heidi Eisenhut. Berühmt geworden sei das Werk aber vor allem aufgrund seiner 1800 Holzschnitt-Illustrationen.

«Unter diesen finden sich auch 30 grossformatige Ansichten europäischer Städte wie Nürnberg, Genua, Strassburg oder Basel – wobei es sich vielfach um die jeweils ältesten erhaltenen Stadtansichten handelt.»

Diese frühneuzeitlichen Stadtansichten stehen denn auch im Zentrum der Ausstellung. Ein besonderes Augenmerk gelte dabei den dazugehörigen Beschreibungen, welche Gründungsgeschichten und Fakten zu der zeitgenössischen Kultur und Gesellschaft vermitteln. «Gleichzeitig möchten wir diese Geschichten auch mit aktuellen Themen verknüpfen», sagt Eisenhut.

Die Schedel’sche Weltchronik ist ein Zeugnis früher Buchdruckkunst: «Ihre Entstehung fällt in einen Zeitraum, in dem der Buchdruck gerade einmal 50 Jahre alt war», sagt Eisenhut. Bemerkenswert sei dabei, dass ein ganzes Unternehmen an der Produktion beteiligt war:

«Die Schedel’sche Chronik war ein Auftragswerk, für welches die besten Leute ins Boot geholt wurden.»

Alle Holzschnitt-Illustrationen etwa liessen die Auftraggeber in der damals einflussreichen Werkstätte des Nürnbergers Michael Wolgemut anfertigen. Wolgemut war der Lehrer des Renaissance-Malers Albrecht Dürer. Letzterer, so wird vermutet, hat der Schedel’schen Chronik ebenfalls Illustrationen beigesteuert. «Die hervorragende Qualität der Holzschnitte ist einer der Gründe, warum die überlieferten Exemplare bis heute zu hohen Preisen gehandelt werden», sagt Eisenhut.

Beim Aufräumen gefunden

Zustande gekommen ist die Ausstellung auf Initiative von Bernd Geldmacher. Nach dem Tod seiner Eltern, Ermut und Elisabeth, entdeckte er in ihrer Sammlung ein gut erhaltenes, deutsches Exemplar der Schedel’schen Weltchronik und kam nicht mehr davon los. Dass nun beide «Appenzeller Schedel» in einer gemeinsamen Ausstellung gezeigt werden können, sei ein Glücksfall, sagt Heidi Eisenhut.

Hinweis Ausstellung «Stadtansichten der Nürnberger Chronik von Hartmann Schedel» vom 27. Januar bis 4. April im Festsaal der Kantonsbibliothek in Trogen. Die Vernissage findet heute um 19 Uhr statt. Anmeldungen an kantonsbibliothek@ar.ch.