Ein Fan des FC St. Gallen brennt Pyro ab, gesteht und wird verurteilt. Trotzdem fordert der Verein vor Gericht kein Abwälzen der Pyrobusse auf den jungen Mann. Präsident Dölf Früh nimmt Stellung.
Es klang wie eine Drohung: «Dann wird es für die Anhänger richtig teuer», sagte der Erste St. Galler Staatsanwalt Thomas Hansjakob nach dem Spiel des FC St. Gallen gegen Spartak Moskau Ende August. Er hatte zwei junge Pyrozünder aus dem Espenblock im Schnellverfahren abgeurteilt und ging davon aus, dass der Club die zu erwartende Busse des europäischen Fussballverbandes (Uefa) bei den fehlbaren Fans eintreiben würde.
Beim Prozess gegen einen der beiden Männer vor dem Kreisgericht wurde nun aber klar: Eine Zivilforderung des Clubs gegen den geständigen Pyrozünder liegt auch über zwei Monate nach dem fraglichen Spiel in der AFG Arena nicht vor. Der Richter stellte an der Verhandlung sogar explizit fest, der FC St. Gallen habe nicht auf einen Brief reagiert, in dem sich das Gericht danach erkundigt habe.
Auf Anfrage unserer Zeitung erklärt Thomas Hansjakob seine damalige Vermutung, der FC St. Gallen werde die Pyrozünder zur Kasse bitten, wie folgt: «Ich erhielt nach dem Match gegen Spartak Moskau Signale seitens des Vereins, er überlege sich ernsthaft das Einreichen einer Zivilforderung, um die Pyrobusse der Uefa bei den Tätern einzutreiben.» Weshalb der FC St. Gallen nun doch nicht tätig geworden ist, entzieht sich seiner Kenntnis. Eine Wertung dazu will er nicht abgeben: «Als Staatsanwalt hat es mich grundsätzlich nicht zu interessieren, wie der Geschädigte, in diesem Fall der FC St. Gallen, zu seinem Geld kommt.» Entweder der Club reiche eine Zivilforderung ein, oder dann verzichte er eben darauf. Eins steht für Hansjakob allerdings fest: Ein entsprechender Schritt des Vereins hätte seiner Meinung nach abschreckende Wirkung auf die Anhänger. «Ich bin überzeugt, dass sich die Fans anders verhalten würden, wenn sie Gefahr liefen, die entsprechenden Bussen selbst zahlen zu müssen», so Hansjakob.
Dölf Früh, Präsident des FC St. Gallen, erklärt, der Verein stelle derzeit grundsätzliche Überlegungen zur Frage an, ob er Bussen auf überführte fehlbare Fans abwälzen wolle oder nicht. Deshalb hat der Club im fraglichen Einzelfall auch nicht reagiert – noch nicht. Denn Früh hält auch fest: «Was nicht ist, kann noch werden. Wir haben weitere Fälle auf dem Tisch, bei denen wir uns das überlegen.» Er bekennt zwar, dass das Ganze eine Gratwanderung ist, weil der Club mit Zivilforderungen das aktuell gute Einvernehmen mit seiner Fangemeinde aufs Spiel setzen würde. «Dies wird uns aber nicht zurückschrecken lassen, falls wir zum Schluss kommen, Bussen künftig tatsächlich abzuwälzen. Denn wir müssen konsequent gegen Rechtsverstösse vorgehen», so Früh. Den Fans selbst sei nämlich grundsätzlich klar, was sie riskierten.
Zurückhaltend antwortet Dölf Früh auf die Frage, ob ein Abwälzen der Pyrobussen abschreckende Wirkung auf die St. Galler Anhänger hätte. «Ich sehe diese an einem eher kleinen Ort», sagt er. Stadionverbot, Strafverfolgung, beträchtliche Geldstrafen und Verfahrenskosten: Schon diese Punkte müssten laut Früh eigentlich reichen, um die Fans vom Pyrozünden abzuhalten. Der Präsident des FC St. Gallen glaubt deshalb eher nicht, dass das Abwälzen der Bussen auf die Fans der entscheidende Punkt wäre, dass die Fackeln in der AFG Arena künftig nicht mehr brennen – so, wie sie das zuletzt im Cupspiel gegen Aarau wieder taten.