Ein Gutachten soll Klarheit bringen

Abacus-CEO Claudio Hintermann hat diese Woche die Vergabepraxis der Verwaltungsrechenzentrum AG St. Gallen harsch kritisiert. Zieht er nun vor Gericht, um die strittige Frage zu klären?

Regula Weik
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ST. GALLEN. Abacus sei eine Firma, die «sehr ungern» klage, sagt CEO Claudio Hintermann. «Wir sind bereit, Geld in die Hand zu nehmen, aber nicht a priori für einen Prozess.» Wofür will er ins Portemonnaie greifen? «Uns wäre lieb, wenn einer Schweizer Koryphäe auf dem Gebiet des Vergabe- und Beschaffungsrechts gemeinsam ein Gutachten in Auftrag gegeben würde – und sich dann alle dem Verdikt beugten.» Eine Klage, so Hintermann, käme für ihn nur dann in Frage, wenn die Verwaltungsrechenzentrum AG St. Gallen oder andere Institutionen sich nicht an das Ergebnis dieses Gutachtens hielten – «dann bliebe uns nichts anderes übrig».

Denkt er bei «gemeinsam» an die von ihm kritisierte VRSG? Hintermann bejaht – und sagt dann: «Wenn sich die VRSG an einem solchen Gutachten nicht beteiligen will, geben wir es allein in Auftrag.»

«Privatrechtlicher Mantel»

Die Klärung der strittigen Vergabepraxis sei wichtig, «um in Zukunft wieder eine freie Konkurrenzsituation zu ermöglichen – nicht nur für uns, auch für andere St. Galler Firmen». Es gehe ihm nicht nur um die VRSG, sagt Hintermann. «Es geht allgemein um die Frage: Kann sich die öffentliche Hand in bestimmten Angelegenheiten einen <privatrechtlichen Mantel> umhängen, um die eigenen Regeln zu umgehen und Konkurrenz und Transparenz zu verhindern?»

Vergabestelle – ja oder nein?

HSG-Professor Peter Hettich hatte gestern festgehalten: Falls es zu einem Verfahren komme und ein Gericht festhalte, dass die VRSG dem Beschaffungsrecht untersteht, dann könne Abacus auf Schadenersatz klagen. VRSG-Chef Peter Baumberger wie auch Abacus-CEO Claudio Hintermann sind sich ihrer jeweiligen Position sicher. Die VRSG unterstehe dem öffentlichen Beschaffungsrecht, sagt Hintermann. Die VRSG sei keine Vergabestelle im Sinne des öffentlichen Beschaffungsrechts, hält Baumberger dagegen.

Der St. Galler Anwalt Remi Kaufmann widerspricht Baumberger: Die VRSG sei sehr wohl eine Vergabestelle – «sie beschafft Informatik für Gemeinden». Und was hält er von der Aussage des Verwaltungsrats-Präsidenten Eduard Gasser, die VRSG habe keinen Auftrag vergeben, sie sei eine langfristige Partnerschaft eingegangen? «Diese Aussage zeigt, dass das Eis der Argumentation dünn ist», sagt Kaufmann. «Ob die VRSG allein oder zusammen mit einem Partner Informatik für die öffentliche Hand beschafft, ist wohl nicht entscheidend.»