Wovon ernähren sich Bienen, Hummeln und andere Insekten, wenn die Blüte bei den Obstbäumen vorbei ist? Zum Beispiel von speziell angesäten Pflanzen in Blühstreifen neben den Obstkulturen. Dazu wurde diesen Frühling das Projekt «Blumenwiesen im Obstgarten» gestartet. Die Bilanz nach der ersten Saison fällt positiv aus.
«Die Idee kam uns im Frühling», sagt Stefan Anderes vom Thurgauer Obstverband. Blühstreifen bringen einen Mehrwert für Vögel, Insekten und die Biodiversität. Das ist keine neue Tatsache. Aber wie lässt sich ein solches Projekt sinnvoll angehen? «Dazu sind wir mit Pro Natura Thurgau in Kontakt getreten», sagt ein zufriedener Stefan Anderes. Pro Natura Thurgau wiederum hat das Saatgutunternehmen Ökohum ins Boot geholt. Und am Ende haben sich 30 Thurgauer Obstbauern bereit erklärt, in ihren Obstgärten eine einheimische Saatgutmischung auszusäen. Daraus sind im Verlauf des Sommers Blumenstreifen entstanden, die nun als Nahrungsquelle für Bienen, Insekten und Vögel dienen.
Die Blütenstreifen sehen zwar wenig spektakulär aus, vor allem jetzt, da die meisten Pflanzen verblüht sind. Sie haben es aber immer noch mehrfach in sich. Der Nutzen beginnt laut Kathrin Wittgen von Pro Natura Thurgau damit, dass diese Blumenwiesen erst nach der Hauptblüte der Obstbäume blühen und so ein willkommenes Nahrungsangebot bieten. Zugleich vernetzt es die Lebensräume der Insekten. Mit dem Projektverlauf ist sie nach der ersten Saison sehr zufrieden. «Alle waren so sehr motiviert, dass sich das Projekt sehr schnell umsetzen liess.» Zudem habe sich die Erwartung erfüllt, mit diesen Blühstreifen ein neues Refugium zu schaffen, das Nahrung und Rückzugsort zugleich bietet.
Obstbauer Reto Leumann ist von seinen drei unterschiedlichen Blühstreifen begeistert. Er hat die Entwicklung der Pflanzen beobachtet und festgestellt, dass je nach Lage und Bodenbeschaffenheit mal die eine, mal die andere Pflanze aus dem Saatgut dominant wird. «Vor allem der Dill hat sich stark durchgesetzt», sagt Leumann. «Zuweilen liegt ein richtiger Hauch von Dill in der Luft.» Freude bereitet ihm aber auch die Vielfalt der Lebewesen im Bereich der Blühstreifen. «Es hat sehr viele Wildbienen hier, aber auch Raupen, Spinnen und andere Kleinlebewesen.» Allerdings ziehen die Pflanzen auch Mäuse an, die den Obstanlagen Schaden zufügen können. «Das muss man im Auge behalten.»
Bei der verwendeten Samenmischung wurde ausschliesslich in der Schweiz nach Biostandard gezogenes Saatgut verwendet, wie Res Schilling von Saatlieferant Ökohum erklärt. Die Auswahl der im Saatgut enthaltenen Pflanzen erfolgte nach Biodiversitätskriterien. Um ein schnelles und kontinuierliches Resultat zu erzielen, empfiehlt Schilling eine jährliche Neusaat. Ob nächstes Jahr die gleiche oder eine angepasste Mischung verwendet wird, könne erst nach einer eingehenden Analyse entschieden werden.
Damit solche Blühstreifen überhaupt entstehen, braucht es Arbeitsleistung und Kapitaleinsatz für das Saatgut. Hier haben sich die Projektpartner gefunden. Die Obstbauern leisten die Arbeit und erhalten dafür das Saatgut kostenlos. Finanziert wird dieses durch pro Natura Thurgau und den Saatgutlieferanten Ökohum GmbH.
Nun machen sich die Projektbeteiligten daran, das Testjahr auszuwerten. Dann wird sich entschieden, wie viele der 30 Obstbauern weitermachen mit den Blühstreifen und ob womöglich weitere hinzustossen.