Thurgau
Fall Kümmertshausen: Bandenführer will in den Irak zurück und akzeptiert das Urteil

Das Verfahren am Thurgauer Obergericht wird stark vereinfacht. Der Hauptangeklagte, der 52-jährige Nasar M., akzeptiert das Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen auf 14 Jahre Freiheitsentzug. Nun erwartet er vom Migrationsamt, dass es die Reise in sein Herkunftsland organisiert.

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Tatort Kümmertshausen: Hier wurde 2010 der 53-jährige IV-Rentner Peter G. getötet.

Tatort Kümmertshausen: Hier wurde 2010 der 53-jährige IV-Rentner Peter G. getötet.

Bild: Nana do Carmo

Der 52-jährige Nasar M. hat letzten Monat die Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen von 2018 zurückgezogen. Darauf hat auch die Staatsanwaltschaft ihre Berufung bezüglich Nasar M. zurückgezogen. Das Urteil auf 14 Jahre Freiheitsentzug ist somit rechtskräftig, wie das Thurgauer Obergericht am Dienstag mitteilte.

Seit bald zehn Jahren im Gefängnis

Nasar M. war am 9. Februar 2012 verhaftet worden. Er war der Kopf einer Schleuserbande, die auch mit Drogenhandel und Erpressungen Geld verdiente. Die Leute, denen er zur Einreise in europäische Länder verhalf, mussten jeweils im Irak einer seiner Vertrauenspersonen 10'000 bis 60'000 Euro bezahlen, je nach Anzahl der zu befördernden Personen und dem Bestimmungsort.

Mitglieder der Bande hatten am 20. November 2010 in Kümmertshausen den 53-jährigen IV-Rentner Peter G. überfallen und erstickt. Nasar M. wurde in diesem Zusammenhang wegen Anstiftung zum Raub verurteilt, aber vom Vorwurf der vorsätzliche Tötung freigesprochen. In den Prozess vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen waren 14 Angeklagte involviert.

Das Obergericht, das am 15. September 2021 den Berufungsprozess eröffnete, bezeichnete in Zwischenentscheiden einen wesentlichen Teil der Einvernahmen als unverwertbar. Die Staatsanwaltschaft hat dies akzeptiert und einige Berufungen zurückgezogen.

Dadurch und durch den Rückzug der Berufung von Nasar M. entfallen drei der ursprünglich neun geplanten Verfahrensblöcke. Das Obergericht setzt die Verhandlung am 29. Juni fort. Beteiligt sind noch vier Beschuldigte. Der Prozess gegen zwei an der Tötung von Peter G. involvierte Männer ist in der Türkei hängig.

Bereits 2004 und 2006 war Nasar M. in Deutschland wegen Schleuserei verurteilt worden. Auch in der Schweiz hatte er 2006 eine dreijährige Freiheitsstrafe erhalten.

Der gross gewachsene irakische Kurde war ursprünglich Automechaniker. 1998 reiste er in die Schweiz ein, wo er zuletzt in Bischofszell wohnte.

Als schwieriger Häftling bekannt

In den Gefängnissen gilt er als schwieriger Häftling, der immer wieder in Einzelhaft versetzt werden muss. Das Kantonalgefängnis Frauenfeld attestierte ihm ein «destruktives Verhalten» und eine «oppositionelle und aufsässige Art». 2017 versuchte er bei einem Zahnarztbesuch zu fliehen.

«Er will zurück in den Irak», erklärt Erich Moser, der aktuelle Anwalt von Nasar M., den Rückzug der Berufung:

«Er hat einfach genug.»

Sein Mandant dürfe nun mit seiner baldigen Haftentlassung rechnen. Der Staatsanwalt habe ein Verwahrungsgesuch zurückgezogen.

Nasar M. befindet sich laut seinem Anwalt in der Vollzugsanstalt Cazis. Das Migrationsamt müsse jetzt seinen Flug organisieren. Zuvor müsse Nasar M. noch auf der irakischen Botschaft vorsprechen.