Startseite
Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
Politik und Sprache ändern sich stets. Sprachpolitik sowieso. Wir schauen 50 Jahre zurück - 1971 standen nämlich das erste Mal Frauen zur Wahl.
Die Zeiten haben sich geändert. Das hat schon meine Oma dereinst gesagt und manche Strasse ihre Kindheit nicht mehr wieder erkannt. Wie sehr alles im Umbruch ist, sieht, wer in alten Zeitungen blättert.
Im Herbst 1971 – vor 50 Jahren also – wurden die ersten Frauen in den Nationalrat gewählt, darunter auch eine Farbige aus dem Kanton Freiburg. In der TZ stand damals in der Bildlegende:
«Für die Freiburger Freisinnigen nimmt Tilo Frey im Nationalrat Einsitz. Fräulein Frey ist Mulattin.»
Das ginge heutzutage gleich doppelt nicht. Fräulein. Mulattin. Ja, nichts ist mehr, wie es einmal war. Negerbrot gibt es keines mehr (das war der Begriff meiner Kindheit für Schokolade mit gerösteten Erdnüssen) und Mohrenköpfe auch nicht – gut, dazu habe ich als Kind «Schwedenbombe» gesagt. Ob es darüber in Wien, wo ich ursprünglich herkomme, eine Rassismusdebatte gibt, weiss ich tatsächlich nicht.
Ist auch egal, weil niemand darüber klagen muss, wenn Worte ersetzt werden oder einfach in Vergessenheit geraten. Das ist der Lauf der Welt. Gut, räumen wir manchmal auf, landet einiges auf dem Müllhaufen der Geschichte und ein paar Ewiggestrige dürfen ruhig darüber zetern und trauern. Das müssen wir aushalten.
Für Tilo Frey gab’s jedenfalls ein Happy End. Denn nach dem «Fräulein Mulattin» ist mittlerweile ein Platz vor der Universität Neuenburg benannt. Laut Wikipedia ist der Espace Tilo-Frey «bislang der einzige Platz in der Schweiz, der einer Person of Color gewidmet ist». Person of Color. So geht das auf Deutsch. Sprachlich ist derzeit wirklich alles im Umbruch.