Politik
Familienergänzende Betreuung, klimaschädliche Finanzanlagen und Energiewende: Diese Themen gaben im Arboner Parlament zu reden

Am Dienstag traf sich das Parlament zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr.

Markus Schoch
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Das Parlament in Arbon tagt im Seeparksaal.

Das Parlament in Arbon tagt im Seeparksaal.

Bild: Belinda Schmid

Gut drei Stunden dauerten die Beratungen im immer kälter werdenden Seeparksaal. Einzelne Redner traten schliesslich mit der Winterjacke ans Rednerpult.

Gutschriften für ausserfamiliäre Kinderbetreuung

Der Stadtrat will die Finanzierung bei der ausserfamiliären Kinderbetreuung ändern. Geplant ist die Einführung eines Gutschriftensystems. Von den Neuerungen profitieren sollen Eltern mit tiefem und mittlerem Einkommen. Sie erhalten je nach Alter ihres Kindes maximal zwischen 70 und 130 Franken pro Tag. Wer ein massgebliches Jahreseinkommen zwischen 20'000 und 30'000 Franken hat, bekommt den vollen Betrag. An seiner Sitzung vom Dienstag hat das Parlament das entsprechende Reglement in einer ersten Lesung beraten und diverse Änderungen beschlossen. So sollen die Vereinbarungen mit den Schulgemeinden vorsehen, dass die Stadt minimal 80 Prozent der Gesamtkosten für die Gutschriften trägt; der Stadtrat schlug 50 Prozent vor. Wenn Eltern oder ein Elternteil Gelder beziehen wollen, müssen sie einer Arbeit nachgehen. Bei Alleinerziehenden liegt der minimale Beschäftigungsgrad bei 20 Prozent, bei gemeinsam Erziehungsberechtigten bei minimal 120 Prozent. Diese Bestimmung nahm das Parlament auf Antrag der vorberatenden Kommission ins Reglement auf. Im Weiteren will das Parlament auf Antrag von Linda Heller (SP) Eltern mit einem Kind entgegenkommen, das aufgrund einer klinischen Diagnose besonderen Betreuungsbedarf hat. Wenn eine Institution deswegen einen Tarifzuschlag verlangt oder einen Sondertarif zur Anwendung bringt, wird die Gutschrift prozentual erhöht – über die Obergrenze hinaus.

Energie und Umwelt: Es stehen viel mehr Fördergelder zur Verfügung

Der Stadtrat will die Energiewende beschleunigen und den Klimawandel sowie das Artensterben bremsen. Für konkrete Massnahmen möchte er jährlich mindestens 300'000 Franken jährlich in einem Fonds zur Verfügung stellen – zehnmal mehr als heute. Das Parlament hat am Dienstag das entsprechende Reglement in zweiter Lesung diskutiert und noch die eine oder andere Änderung vorgenommen. So sollen nicht alle öffentlich-rechtliche Körperschaften aus dem Kreis möglicher Geldbezüger ausgeschlossen werden. Wenn sie wie beispielsweise die Bürgergemeinde Steuern zahlen, können sie anders als vom Stadtrat vorgesehen Beiträge erhalten. Einen entsprechenden Antrag hatte Riquet Heller eingebracht. Er machte sich erfolgreich auch für eine präzisierende Bestimmung stark, die zusätzliche Einlagen in den Fonds erlaubt. Neu heisst es: «Schliesst die Rechnung der Stadt mit einem Ertragsüberschuss ab, kann dieser vom Parlament im Rahmen der Rechnungsgenehmigung ganz oder teilweise als zusätzliche Einlage dem Fonds zugewiesen werden.» Eingebaut hat das Parlament ausserdem auf Antrag von Daniel Bachofen (SP) eine Art Schuldenbremse. Die Summe aller gewährten, aber noch nicht bezahlten Beiträge darf den Fondsbestand plus 150'000 Franken nicht übersteigen.

Budgetkompetenz soll künftig beim Parlament liegen

Über das Budget der Stadt stimmen die Arbonerinnen und Arboner an der Urne ab. Aufgrund der zu beachtenden Fristen muss der Budgetprozess jeweils sehr früh beginnen, und trotzdem geraten die Verwaltung und die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission regelmässig unter grossen zeitlichen Druck. Acht Politikerinnen und Politiker aus sechs Parteien verlangen in einem Vorstoss, dass künftig das Parlament das Budget in Eigenregie verabschieden kann, was den Beteiligten mehr Luft geben soll. Der Stadtrat unterstützt das Anliegen. Aus Kreisen der SVP gibt es aber Widerstand. «Einschränkungen der Volksrechte sind nie eine gute Sache», sagte Pascal Ackermann. Eine grosse Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier will jedoch Ernst machen mit der geplanten Änderung. Der Stadtrat hat jetzt ein halbes Jahr Zeit, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten.

Pensionskasse der Stadt Arbon soll Anlagestrategie überdenken

Daniel Bachofen (SP), Heidi Heine (Grüne), Aurelio Petti (die Mitte) und Ruedi Daepp (SVP) wünschen sich griffigere Bestimmungen im Anlagereglement der Pensionskasse der Stadt Arbon. Es geht um Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit. Bei der Diskussion des Vorstosses mahnten diverse Redner zur Zurückhaltung. «Ich bin ganz entschieden dagegen, dass wir uns einmischen», sagte etwa Arturo Testa (EVP). Es gehe nicht an, dass das Alterskapital der betroffenen Arbeitnehmer zum Spielball der Politik werde. Ins gleiche Horn stiess Cyrill Stadler (FDP). Oberstes Ziel müsse sein, die Renten zu sichern, was schwierig genug sei. Die Vorstösser machten es sich viel zu einfach, gab auch Köbi Auer (SP) zu bedenken, der praktische Erfahrung als Präsident der Saurer Pensionskasse mitbringt. Er sprach von einem Irrglauben, dem sie anhängen würden.